Tiere:Was soll der Zirkus?

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Tierschützer fordern, dass Giraffen, Elefanten und Nilpferde aus der Manege verschwinden. Sie glauben, dass sie dort leiden. Aber für die Schausteller sind die Tiere wichtige Attraktionen.

Von Thomas Hahn

Wenn Zirkusdirektor Alois Spindler und seine Leute vom Circus Voyage auf Reisen sind, müssen sie sich immer genau überlegen, welche Route sie wählen. Das liegt an den Giraffen. Alois Spindler hat einen Anhänger mit einer besonders hohen Decke, damit die Giraffen mit ihren langen Hälsen aufrecht darin stehen können. Wenn er mit dem Anhänger unter einer Brücke durchfahren muss, kann er die Decke absenken. Die Giraffen müssen sich dann ducken oder hinsetzen. Hat der Anhänger die Brücke passiert, hebt Alois Spindler die Decke wieder. Runter, rauf, runter, rauf - das ist umständlich, deshalb wählen er und seine Leute die Route immer so, dass möglichst wenige Brücken auf dem Weg sind.

Aber wäre es nicht klüger, wenn der Circus Voyage gar keine Giraffen hätte? Gehören sie nicht nach Afrika, wo niemand mit ihnen unter zu niedrigen Brücken durchfahren will?

Zirkus macht Spaß. Es ist aufregend, die Artisten zu beobachten. Die Clowns sind lustig. Und manche Zirkusse haben Tiere, die es in Deutschland eigentlich nicht gibt. Allein im Circus Voyage gibt es knapp 80 Tiere, darunter auch richtig große: Neben den zwei Giraffen hat der Zirkus vier Elefanten, ein Nilpferd, ein Nashorn. Wenn man eine Vorstellung besucht, darf man in der Pause ganz nah an die Tiere herantreten. Nach der Vorstellung dürfen Kinder auf den Elefanten reiten. Der Zirkus ist wie ein fahrender Zoo. Toll ist das. Oder nicht?

Es gibt Tierschützer, die das überhaupt nicht toll finden. Sie sagen, Wildtiere gehören nicht in den Zirkus. Sie werfen Zirkusdirektoren vor, dass sie den Tieren zu wenig Platz geben. Dass sie ihnen mit den vielen Reisen Stress bereiten. Ihnen wehtun, wenn sie ihnen Kunststücke beibringen. Sie fordern ein Verbot von Wildtieren im Zirkus. In einigen Ländern wie Österreich und den Niederlanden gibt es das schon.

Für Alois Spindler wäre so ein Verbot schlimm. Die großen Tiere sind seine Attraktion. Er sagt, dass er strenge Regeln einhalte bei ihrer Haltung. Dass ständig Tierärzte zur Kontrolle kämen. Dass er seinen Tieren nichts abverlange, was sie nicht auch in der Natur machen würden. Dass er sie nicht mit Schlägen dressiere, sondern indem er sie mit Futter belohne. Sein Streit mit den Tierschützern ist heftig. Bettina Richter, die Geschäftsführerin des Circus Voyage, sagt: "Man fühlt sich beim Zirkus wie ein gehetzter Hund."

Viele Zirkusse haben keine Wildtiere mehr. Sie müssen nicht mit Tierschützern streiten. Sie haben andere Probleme. Viele Zirkusse haben Geldsorgen. Andere finden keinen guten Clown, weil viele lustige Menschen heutzutage lieber ins Fernsehen wollen statt in den Zirkus.

Zirkus macht Spaß. Aber das Leben im Zirkus ist nicht immer so lustig, wie es für die Zuschauer aussehen soll.

© SZ vom 27.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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