Tiere:Extrem trickreich

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Im hohen Norden von Europa, Asien und Nordamerika leben Rentiere in einer Welt aus Eis, Dunkelheit und Kälte. Doch ihr Körper ist perfekt auf die lebensfeindliche Umgebung eingestellt.

Von Katrin Blawat

Wenn es den Weihnachtsmann wirklich gibt, dann muss er ein kluger Typ sein. Das zeigt sich schon an seiner Entscheidung, ausgerechnet Rentiere vor den Schlitten zu spannen. Sie eignen sich wie niemand sonst für Extremleistungen in Extremsituationen. In der Heimat der Rentiere im Norden herrscht ein brutaler Gegensatz zwischen Winter und Sommer. Viele Monate lang wird es dort fast nicht hell und es ist bis zu minus 40 Grad kalt. In dem kurzen Sommer hingegen wird es so gut wie nicht dunkel. Mit diesen extremen Unterschieden kommen Rentiere zurecht, indem ihr Körper zwischen Winter- und Sommerbetrieb wechselt.

Die Stadtwerke bauen ihre Windkraftanlagen auch in Regionen, in denen die Samen ihre Rentiere weiden lassen – das führt zu Konflikten. (Foto: imago)

Im Winter ist alles im Körper des Rentiers darauf ausgerichtet, mit Kälte, wenig Nahrung und kaum Licht auszukommen. Das gelingt zum Beispiel dank ihres speziellen Fells. Die Haare sind hohl, und die Luft im Inneren isoliert sehr gut. Ein Rentier verliert so wenig Körperwärme, dass sogar Schnee auf ihm liegen bleibt, anstatt zu schmelzen.

Auch eine Art Schneeschuh mit angebauter Schneeschaufel hat das Ren (so kann man die Tiere auch nennen) im Winter. Seine Hufe werden dann unten ganz hart und es entsteht eine Kante, mit der es den Schnee wegkratzen kann. Im Sommer hingegen laufen die Tiere viel auf sumpfigem Boden. Dafür wird der Hufballen weich und elastisch.

SZ-Grafik (Foto: SZ-Grafik)

Neben der Kälte ist im Winter die lange Dunkelheit ein Problem. Die Sonne zeigt sich dann nur schwach für ein oder zwei Stunden am Tag. Doch auch hier haben die Rentiere Tricks entwickelt. Zum Beispiel ändert sich ihre Augenfarbe. Im Sommer ist sie golden, im Winter blau. Die blauen Augen machen es leichter, jeden noch so schwachen Lichtstrahl einzufangen. Außerdem können Rentiere ultraviolette Lichtstrahlen (UV-Licht) sehen. Menschen und die meisten anderen Säugetiere nehmen diese Form von Licht nicht wahr. Rentieren jedoch hilft das, die unscheinbaren graugrünen Flechten zu erkennen - ihre Hauptnahrung.

Sie haben auch eine Lösung für ein weiteres Problem, das die permanente Dunkelheit mit sich bringt. Schließlich ist Sonnenlicht ein wichtiger Wecker, um den Körper in Gang zu bringen. Zumindest ist das bei uns Menschen und vielen anderen Tieren so. Doch Rentieren haben ihre ganz eigene innere Uhr, die sich kaum an der Umgebung orientiert. Egal ob Sommer oder Winter: Ein Ren döst immer wieder mal für kurze Zeit, und das auch noch im Stehen.

Sogar für den unwahrscheinlichen Fall einer Hitzewelle sind Rentiere gerüstet. Dabei muss es gar nicht so warm werden, um die Tiere ins Schwitzen zu bringen. Schließlich können sie ihr dickes Fell nicht einfach wie einen Mantel ausziehen. Stattdessen haben sie eine eingebaute Klimaanlage im Kopf. Wird es ihnen zu warm, strömt kühles Blut aus der Nase (das durch die Einatemluft gekühlt wird) vor allem in den Kopf. So schützt sich das Gehirn vor einem Hitzschlag. Außerdem hecheln schwitzende Rentiere wie Hunde. Die körpereigene Klimaanlage haben Forscher übrigens entdeckt, indem sie Rentiere in einem warmen Zimmer auf ein Laufband gestellt haben.

© SZ vom 28.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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