Raffaello Follieri:Bekenntnisse eines Hochstaplers

Lesezeit: 3 min

Er liebte Anne Hathaway, gab sich als Finanzchef des Vatikans aus und betrog Bill Clinton. Jetzt hat Raffaello Follieri gestanden.

A. Mühlauer

Ganz am Ende, als nichts mehr hilft, kein Scheck, kein Vaterunser, gesteht er seine Schuld. Ja, sagt Raffaello Follieri, er habe gesündigt - in Gedanken, Worten und Werken. Was soll er auch sagen, an diesem Septembermorgen, im Gerichtsgebäude des Bezirks Manhattan, 500 Pearl Street, New York? Es hilft ja nichts. Es ist, wie es ist.

Raffaello Follieri: Der Hochstapler gesteht. (Foto: Foto: dpa)

Raffaello Follieri, 30, römisch-katholisch, geboren in der italienischen Provinz Foggia, Apulien, sitzen gelassen von der Hollywood-Schauspielerin Anne Hathaway, bekennt sich des schweren Betrugs in 14 Fällen, der Geldwäsche und der Hochstapelei. An diesem Morgen, es ist Mittwoch, der 10.September 2008, die Sonne über New York lässt die Stadt aus Glas glitzern, spielt Follieri den Sünder mit Fünf-Tage-Bart, Jesus-Frisur und marineblauem Anzug. Keine Spur seines sonst so großspurigen Auftretens samt sorgfältig geföhntem Scheitel. Keine Spur seines spitzbübischen Lächelns. Nein, der Schelm versteckt sich. Das hier ist keine Showbühne.

Vor Gericht und vor Gott sind alle Menschen gleich.

Es ist nicht lange her, noch in diesem Sommer hatte Raffaello Follieri mehr als die meisten. Ach was, viel mehr: ein Penthouse in Manhattans Trump Tower (Monatskaltmiete: 37000 Dollar), eine American Express Business Platinum Card (Kreditlimit: unbegrenzt), und dann hatte er noch ein ganz besonderes Accessoire, mit dem er sich am liebsten schmückte - seine Freundin Anne Hathaway (Status: Hollywood-Prinzessin).

Fünf Jahre ist es her, da kam Follieri nach New York, um diese Hauptstadt der Welt, wie er seinen Freunden immer wieder sagte, zu erobern. Follieris Geschichte ist die eines jungen Aufschneiders aus Good Old Europe, der versuchte, mit einer Mischung aus Charme, Glück und Lügen eine Mitgliedschaft im Kreis der Schönen und Reichen zu ergattern. Sein Vorbild, das sagt er nicht nur einmal, ist Aristoteles Onassis, dieser griechische Schiffsmagnat, der, aus armen Verhältnissen stammend, mit 25 seine erste Million machte. Onassis perfektionierte eine Kunst, die Amerikaner schlicht "O.P.M." nennen - "Other People's Money". Und genau darum ging es auch Follieri: reich und berühmt werden mit dem Geld anderer Leute.

Dem italienischen Akzent sei Dank

Von zu Hause hat er nichts auf seinen Eroberungsfeldzug mitbekommen, außer den Auftrag, jeden Sonntag in die Kirche zu gehen. Follieris Eltern zahlten ihm die Wohnungsmiete, als er noch in Rom studierte, aber danach musste er sich selbst beweisen. Und Follieri wollte es der Welt beweisen.

Also gab er sich in New York - dem italienischen Akzent sei Dank - als Finanzchef des Vatikans aus. Er könne, so Follieri großspurig, Besitztümer der katholischen Kirche in den Vereinigten Staaten mit Rabatt beschaffen. Immer wenn er in Rom sei, treffe er den Papst.

Und weil diese Geschichte zwar gut klang, aber zu einer guten Geschichte ein noch besserer Auftritt gehört, lieh sich Follieri den weißen Mercedes eines Freundes, mietete Bodyguards, gerne mal zwei oder drei, und arrangierte Treffen mit den wichtigen und richtigen Leuten. Er lud sie ins italienische Nobel-Restaurant Cipriani ein, zahlte mit seiner Amex Platinum und versprach Großes. Dem Anthropologie-Professor Aldo Civico von der Columbia University sagte er, der Vatikan wolle für Bill Clintons Wohltätigkeitsstiftung spenden. Follieri nannte zwar keine Zahlen, aber am Ende des Dinners hatte Civico den Eindruck, dass der Gesandte des Papstes bestimmt einige Millionen Dollar spenden würde. Also stellte der nichtsahnende Professor den Kontakt zu Clinton her.

Zusammen mit Bill und Hillary war Raffaello Follieri Gast im Haus des Modedesigners Oscar de la Renta in der Dominikanischen Republik. Was dort passierte, ist nicht bekannt. Nur so viel: Bill Clinton bedankte sich danach öffentlich bei dem Italiener für eine 50-Millionen-Dollar-Spende. Spätestens jetzt kannte man den Namen Raffaello Follieri in New York. Die Medien - vom bunten Magazin People bis zum seriösen Wall Street Journal - berichteten über ihn, den Gönner von Gottes Gnaden, den feinen Charmeur aus dem fernen Rom. Alles schön, alles gut. Nur das versprochene Geld sollte Clinton nie bekommen.

Luxusreisen und Flugzeugservice

Im Frühjahr 2005 traf sich Follieri im New York Palace Hotel mit einem anderen vermögenden Mächtigen, dem kalifornischen Supermarkt-Milliardär Ron Burkle. Zwei Tage nach dem Treffen in Burkles Hotel-Suite, am 6. Mai 2005, schrieb der Unternehmer eine E-Mail an Follieri: "Lieber Raffaello (...) Es war eine Freude, Sie kennen zu lernen." Und noch größer war die Freude bei Follieri, als Burkle ihm 35 Millionen Dollar auf sein Konto überwies. Im Gegenzug, so versprach Follieri, solle der Milliardär aus Los Angeles Geld für seinen Beteiligungsgesellschaft Yucaipa bekommen. Bekam er aber nie.

Das Geld brauchte Follieri für seinen aufwendigen Lebensstil: Luxusreisen mit Freundin Anne Hathaway, privater Flugzeugservice, eine Hundesitterin für Labrador-Dame Esmeralda, Butler-Dienste, Shopping bei Prada, Fendi und Brioni. Diesen Sommer feierte Follieri noch seinen 30.Geburtstag mit einem rauschenden Fest auf der Insel Capri, da hatte ihn Hathaway bereits verlassen. Der Grund: Burkle hatte Follieri verklagt. Das FBI ermittelte gegen ihn, ebenso New Yorks Staatsanwälte. Das amerikanische Gesellschaftsmagazin Vanity Fair glaubt beweisen zu können, dass Hathaway den Strafverfolgern half, Follieri, wie es in der Gaunersprache so schönt heißt, dingfest zu machen.

Das Ende ist schnell erzählt: Follieri wurde in seinem Trump-Tower-Penthouse festgenommen, abgeführt, weggesperrt. Der leitende Staatsanwalt des Bezirks Manhattan setzte die Kaution bei 21Millionen Dollar fest. Zu viel für Follieri. Also legte er an diesem Septembermorgen ein Geständnis ab. Hilft ja nichts; es ist, wie es ist.

© SZ vom 13.09.2008/jüsc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Prominente Steuersünder
:Mit einem Fuß im Gefängnis

Ob Boris Becker, Patrick Lindner oder Freddy Quinn: Immer wieder geraten Prominente in das Blickfeld der deutschen Steuerbehörden. Bei den hohen Hinterziehungssummen droht häufig das Gefängnis.

Jetzt entdecken

Gutscheine: