Projekt Nichtraucher:Einfach willenlos

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Man denkt ja gewöhnlich, dass Kaffee und Zigaretten zusammengehören, schließlich gibt es sogar einen Film darüber. Alles falsch: Zigaretten gehören zum Alkohol.

Jürgen Schmieder

Steven Wright trinkt literweise Kaffee, damit er schneller träumen kann. Notarzt Tom Waits ist stolz, dass er das Rauchen aufgegeben hat. Das Schöne am Aufhören, will er dem Rocker Iggy Pop einreden, ist die Tatsache, dass man jederzeit wieder anfangen kann. Und schon belohnen sie sich gemeinsam mit einer Zigarette - und einer weiteren Tasse Kaffee.

Ein Bier und eine Zigarette - zwei Dinge, die zusammengehören. Oder doch nicht? (Foto: Foto: istock)

Kaffee und Zigaretten, das gehört irgendwie zusammen. Jim Jarmusch hat gar einen Film über Nikotin- und Koffeinsüchtige gedreht und ihn passenderweise "Coffee and Cigarettes" genannt. Die Protagonisten vernebeln sich die Köpfe, sie diskutieren über Tabakmischungen, den umweltschonenden Einsatz von Nikotin als Insektizid und fordern, endlich Kaffee als Eis am Stiel auf den Markt zu bringen. Der Spruch "Auf 'nen Kaffee und 'ne Kippe" gilt mittlerweile als Synonym dafür, dass ein gutes Gespräch ansteht.

Bei mir ist das anders. Ich bin auch süchtig nach Zigaretten und ich bin süchtig nach Kaffee - aber nicht zusammen. Morgens auf dem Weg zur Arbeit brauche ich einen Vanilla-Latte einer amerikanischen Café-Kette - wobei ich mich dann immerzu frage, wie die diesen Heiß-Kalt-Kaffee hinbekommen. Bei der Ausgabe nämlich ist das Getränk so heiß, dass man sich die Lippen verbrüht. Zwei Minuten später ist es eiskalt, die trinkbare Temperatur wird einfach übersprungen. Aber das ist ein anderes Thema.

Bei mir ist der Zusammenhang zwischen Zigarette und Getränk anders - und ich habe aus Briefen und Gesprächen erfahren, dass es vielen Menschen ähnlich ergeht. Ich habe es in dieser Woche wieder erlebt. An sechs Tagen war ich brav, ich habe keine einzige Zigarette angefasst - ja, ich habe nicht einmal ans Rauchen gedacht.

Dann jedoch gab es diesen geselligen Abend am Mittwoch, als ich mich mit ein paar Kollegen zum Feierabendbierchen und zur Wii-fit-Skisprungmeisterschaft verabredet habe. Mit steigender Promillezahl stieg auch meine Lust auf eine Zigarette - würde man in einem Koordinatensystem auf der X-Achse den Alkoholkonsum einzeichnen und auf der Y-Achse den Drang eine Zigarette zu rauchen - der Graph wäre eine unfasslich steile Kurve. Ich werde einfach willenlos.

Woran liegt das? Warum stehen diese beiden suchtbringenden Dinge in so direktem Zusammenhang? In einem Internetforum versucht sich ein rauchendes Mitglied an einer Erklärung: "Wenn man Alkohol trinkt, fühlt man sich stark, beinahe unangreifbar. Dann denkt man sich, auch eine kleine Kippe könne einem nichts anhaben - und schon hat man sie im Mund."

Auch Wissenschaftler haben den Zusammenhang von Alkohol und Nikotin beschrieben. Sie verweisen auf die fallende Hemmschwelle und abgestumpfte Rezeptoren im Gehirn. Dann muss eine Zigarette her. So war es bei mir auch - nur dass ich an diesem Abend zehn Zigaretten geraucht habe. Seitdem keine einzige mehr.

Was kann ich also tun? Nie wieder Alkohol trinken? Oder einen stärkeren Willen entwickeln? Mein einziger Trost derzeit ist, dass mein besonderer Freund Daniel Craig (siehe Artikel der vergangenen Woche) ähnlich leidet. Er gab an, ebenfalls eine starke Nikotinsucht zu entwickeln, wenn er Alkohol trinkt. Für den Bond-Darsteller ist das kein Problem, er führte einfach die sogenannte Night of Shame ein: "Dann betrinke ich mich und rauche eine Zigarette nach der anderen."

Nun habe ich die Wahl: Entweder ich entsage dem Alkohol für immer, werde willensstärker oder führe ein Leben wie Daniel Craig. Letzteres würde mich zwar einen Tick attraktiver für meine Lieblingskollegin machen, die anderen Möglichkeiten verlängern mein Leben dafür deutlich. Ich weiß nur nicht, wie das gehen soll. Diesmal brauche ich die Hilfe der Leser, sonst bleibt mir irgendwann nur noch eine Lösung: Die gnadenlose Überhöhung des Problems in meinem eigenen Film "Alcohol and cigarettes".

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