Prinz William und Kate Middleton:Die Prinzessin im Wartestand

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Seit sich Gerüchte um eine Verlobung verdichten, haben britische Paparazzi die Jagd auf Prinz Williams Freundin Kate Middleton eröffnet.

Wolfgang Koydl

Manchmal sollte man vielleicht doch einen Gedanken an die Paparazzi verschwenden: Ihr Gewerbe ist hart, unbarmherzig und brutal. Man kann nichts türken, abschreiben, hinterher nachholen. Entweder man quetscht das Objektiv rücksichtslos durch die Horde der Rivalen ganz nach vorne durch, oder man schleicht mit leeren Händen in die Redaktion.

Viele sehen sie als neue Diana: Kate Middleton. (Foto: Foto: AP)

Entsprechend kaltschnäuzig ist denn auch die Sprache dieser Bildberichterstatter, vor allem in der angelsächsischen Welt. Die Praxis etwa, bei welcher der Auslöser gleichsam auf Dauerfeuer durchgedrückt wird, nennt man ungalant ,,hosing the Doris'' - auf Deutsch würde man wohl sagen: ,,Immer feste draufhalten auf die Uschi.''.

Die ,,Doris'', der letzthin in Großbritannien häufig diese entwürdigende Behandlung widerfährt, heißt Kate Middleton, ist 25 Jahre alt, intelligent und hübsch, und wäre eine normale junge Frau aus großbürgerlichem Elternhaus mit einem Job als Einkäuferin eines Modehauses - wenn sie nicht die Freundin des zukünftigen Königs von England wäre. Daher schwillt die Zahl der Fotografen und Kameraleute vor ihrer Wohnung im schicken Londoner Stadtteil Chelsea von Tag zu Tag an.

Einen wirklich lukrativen Schnappschuss im Wert von schätzungsweise 30000 Euro Honorar freilich dürften sie dabei nicht ergattern: dazu müsste sie schon, das sagen Branchen-Insider, einen Bikini auf dem Foto tragen. So also müssen sie sich damit begnügen, sie beim Besteigen ihres VW Golf abzulichten. Einen der wenigen beruflichen Höhepunkte erlebten sie, als Kate unlängst ein Strafmandat unter dem Scheibenwischer vorfand.

Big Willie und Babykins

Prinz William of Wales, Sohn des Thronfolgers und von seiner Flamme zärtlich ,,Big Willie'' gerufen, ist dem Vernehmen nach rasend vor Zorn über die zudringlichen Paparazzi und erwägt unter Umständen rechtliche Schritte gegen Fotografen, Agenturen und Redaktionen, die sich nicht freiwillig Zurückhaltung auferlegen.

Warum, so soll seine königliche Hoheit schon mehrmals gefragt haben, könne seine Freundin nicht ein normales Leben wie andere Menschen auch führen. Denn seit kurzem kann Kate, die er sein ,,Babykins'' nennt, noch nicht einmal mehr - wie früher üblich - mit dem 137er Bus fahren.

Dass es sich dabei freilich um einen ebenso frommen wie weltfremden Wunsch handelt, bescheinigte William unlängst sogar der seriöse Guardian, der grundsätzlich republikanisch eingestellt ist und sich mit Berichten über die Royals gewöhnlich vornehm zurückhält: Aus dem normalen Leben werde allein deshalb nichts, schrieb das Blatt, ,,weil er kein normaler Boyfriend ist'' und weil ,,die Monarchie als solche nichts Gewöhnliches ist''.

Und was Fräulein Middleton betrifft, so habe sie fünf Jahre lang Zeit gehabt, sich mit dieser Realität vertraut zu machen. So lange nämlich dauert die Romanze schon an, die in einem gemeinsamen Seminar für Kunstgeschichte an der schottischen Universität St. Andrews ihren Anfang nahm. Böse Zungen behaupten, Kates Mutter, eine ehemalige Stewardess, habe die Tochter an diese kleine, aber feine Uni geschleift, nachdem sie gehört hatte, der smarte Prinz werde dort studieren.

Indes: Seitdem sich Gerüchte verdichten, denen zufolge Kate und Wills bald ihre Verlobung verkünden könnten, sind nicht nur die Fotografen zudringlicher geworden; auch die Nation debattiert hitzig wie seit Jahren nicht die Frage, wie viel Recht auf Privatleben königliche Hoheiten und andere Prominente haben dürfen. Es ist kein Zufall, dass die letzte Frau, die derart im Kreuzfeuer der Objektive stand, Prinzessin Diana war, die Mutter des Prinzen. Dessen Zorn wird umso mehr nachvollziehbar, als ein jüngst veröffentlichter Bericht über die Hintergründe des Todes von Lady Di vor knapp zehn Jahren in Paris, der Meute der Paparazzi, die ihren Mercedes verfolgte, eindeutig eine Mitschuld an dem tödlichen Unfall gab.

Unliebsame Vergleiche mit Di

Die Fotografen sind nicht die einzigen, die Parallelen zwischen Diana und Kate entdeckt haben wollen. ,,Sie ist die neue Diana'', sagt Trevor Williams, der Chef der Fotoagentur Matrix Syndication.

Er kann sich noch daran erinnern, als vor mehr als zwanzig Jahren die scheue 19-jährige Diana Spencer zum ersten Mal einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde. ,,Wir begleiteten Lady Di jeden Tag, solange bis ihre Verlobung bekannt gegeben wurde'', erklärte er. ,,Das wird mit Kate genauso der Fall sein - nur dass wir ihr nicht wie einem Wild nachstellen werden'', fügte er wenig glaubwürdig hinzu.

Kate hat der Öffentlichkeit noch nicht mitgeteilt, was sie von der täglichen Belästigung hält. Darin unterscheidet sie sich von Diana, die seinerzeit einem Journalisten anvertraute, wie ,,elend'' sie sich angesichts der hechelnden Aufmerksamkeit fühlte: ,,Wo immer ich hingehe, steht schon jemand vor meiner Tür. Egal ob ich in ein Restaurant gehe oder nur zum Einkaufen in den Supermarkt, sie versuchen mich zu fotografieren. Es ist ermüdend.''

Von Kate weiß man indes, dass sie Vergleiche mit Diana hasst. Gleichwohl kann man wohl davon ausgehen, dass sie ihre Rolle als mögliche künftige Gemahlin eines Prinzen genießt: Schon in der Schule - dem renommierten Marlborough College - so verrieten Freundinnen der Presse, hatte sie den Spitznamen ,,Prinzessin im Wartestand''. Und wenn sie sich danach fühlte, konnte sie sich als Prinzessin verkleiden: ,,Party Pieces'', der Online-Versandhandel ihrer Eltern für Kindergeburtstage, führt die notwendige Garderobe - von den Schuhen bis zur Tiara - im Angebot.

Sehr viel mehr lässt sich aber nicht über ihre Kindheit und Jugend sagen - und auch dies ist eine Parallele zu Diana. So sehr sie sich abmühten - die Sensationsreporter der Fleet Street konnten bei keiner der beiden jungen Damen echte Skandale ausgraben; abgesehen davon, dass Kate als Schülerin einmal das nackte Hinterteil aus dem Fenster streckte.

Ähnlich wie Diana scheint sich Kate mittlerweile sogar zur neuen Mode-Ikone zu entwickeln. Das eher unauffällige schwarz-weiße Kleid zum Preis von 60 Euro, in dem sie kürzlich fotografiert wurde, war binnen Stunden in allen Größen ausverkauft. Insgesamt 24 Exemplare zwischen Größe sechs und 14 fanden ihren Weg mittlerweile auf die Auktions-Website Ebay.

Darling der Queen

Die Alt-Designerin Elizabeth Emmanuel, die im Jahr 1981 Dianas Brautkleid entwarf, bescheinigte der jungen Frau Stil. Kates mutmaßlich künftige Stiefschwiegermutter Camilla indes musste sich von derselben Modepäpstin bescheinigen lassen, dass sie zu den am schlechtesten gekleideten Prominenten Britanniens gehörte.

Nicht nur mit Wohlgefallen, sondern teils auch mit Stirnrunzeln wurde indes registriert, dass Kate zur Ausmusterung von Prinz William an der Offiziersakademie von Sandhurst einen Mantel im selben Burgunderrot trug wie die Königin.

Elizabeth II. allerdings wird ihr das - nach allem was aus dem Palast nach außen dringt - nicht übel nehmen. Denn im Gegensatz zu Diana hat die Monarchin an Kate einen richtigen Narren gefressen. So war Kate nicht nur im Sommer Gast auf Schloss Balmoral, sondern wurde auch zum Lunch in den Buckingham Palace gebeten. Und auf dem königlichen Landsitz Sandringham in Norfolk durfte sie Presseberichten zufolge im Familientrakt übernachten - im Gegensatz zu Chelsy Davy, der weit weniger wohl gelittenen blonden Freundin von Williams Bruder Harry.

Auch den Rest der Familie, Großvater Philip eingeschlossen, scheint die Bürgerliche, deren Vorfahren einst unter Tage Kohle abbauten, mit ihrem Charme in Bann geschlagen zu haben. Das seriöse konservative Wochenmagazin Spectator hob sie kürzlich auf den Titel und schrieb, dass diese neue ,,Prinzessin des Volkes'' die ,,letzte gute Chance'' der Windsors seien, ihr angeschlagenes Renommee unter ihren Untertanen wieder zu reparieren.

Geradezu lyrisch wurde Tatler, die Pflichtlektüre der gehobenen britischen Stände. Kate, so formulierte es Chefredakteur Geordie Craig, sei die ,,Inkarnation einer mühelos eleganten englischen Rose'': ,,Sie hat Qualitäten, die man nicht künstlich herstellen kann. Ihre Natürlichkeit macht sie besonders attraktiv. Das macht sie auf viele Weise zu einer Diana II.''

© SZ vom 15.1.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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