Philosophischer Alltag:Ein Hoch auf uns

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Die TV-Moderatorin Claudia Kleinert versteht nicht nur was vom Wetter. Sie erklärt uns jetzt auch, was Charisma ist - und wie man es einsetzt.

Von Anne Backhaus

Charisma, heute gemeinhin als persönliche Ausstrahlung verstanden, leitet sich aus dem griechischen Begriff für "gespendete Gabe" ab und wird im Neuen Testament als etwas von Gott Geschenktes definiert. Sollten Sie sich unbeschenkt fühlen, ist das aber lange kein Grund, Ihre Schultern noch etwas tiefer hängen zu lassen. Anstatt Ihren Mangel zu bemängeln, können Sie ihn schließlich einfach wegtrainieren. Zumindest, wenn es nach dem Ratgeber "Unschlagbar positiv. Die Charisma-Formel" geht.

Autorin Claudia Kleinert glaubt nämlich nicht an eine angeborene Ausstrahlung. Sie glaubt, Sie haben sich nur noch nicht darum bemüht. Und sie will das ändern: "Ich möchte Ihnen dazu verhelfen, das Maximum aus Ihrer Person herauszuholen und nach außen zu tragen." Im Zeitalter der Selbstoptimierung kann sich das zugleich erschöpfend wie ergreifend anhören. Kleinert jedenfalls, als Wetterfee aus der ARD bekannt, betont in ihrem Werk, wie hart sie sich ihre (TV-)Präsenz erarbeitet habe. Sie ärgert sich gleich zu Beginn darüber, dass ihr beruflicher Erfolg immer wieder auf ihr gutes Aussehen zurückgeführt werde. Schließlich sei gutes Aussehen subjektiv, und es gehe doch vielmehr um ein Gesamtpaket "an Ausstrahlung und Wirkung". Charisma also. Das auch Sie lernen können.

Dazu gibt Kleinert Tipps. Angefangen beim morgendlichen Erstkontakt mit dem Bäckereifachverkäufer bis hin zum Umgang mit den Kollegen in der Konferenz oder Fremden auf einer Party. "Wäre es nicht großartig, wenn nach jeder Begegnung über Ihnen und Ihrem Kommunikationspartner die Sonne ein wenig heller scheinen würde?" Ja! Das wäre toll! Wie genau soll das gehen? Den Verkäufer grüßen und dem Chef endlich mal in die Augen schauen? Das reicht?

Na ja, nicht ganz. Charisma ist für Kleinert ein Zusammenspiel aus eigener Wirkung, dem bewussten Einsatz ebendieser sowie dem Einschätzen der Wirkung anderer. In insgesamt zehn Kapiteln nähert sie sich mit zahlreichen Beispielen der Selbstdarstellung. Da Kleinert aber eben doch eine ansehnliche Blondine ist, die ihre Präsenz und Bühnenerfahrung zum Geschäftsmodell gemacht hat, finden sich auf dem Titel wie im Buch Fotos von ihr, die zusätzlich den optimalen Gebrauch von Gesicht und Körper verdeutlichen.

Insgesamt kommt der Ratgeber engagiert daher. Angenehm ist, dass die Autorin nicht in Geschlechterklischees verfällt oder professionelles Auftreten mit breitbeinigem Sitzen verwechselt. Empathie und Interesse sind für sie grundlegend für das eigene Charisma, und genauso warmherzig spricht sie ihre Leser an. Allerdings ist das Werk eher eine Einführung in die Kunst, sich selbst zu präsentieren, als eine Anleitung für diesen besonderen Glanz, der charismatische Persönlichkeiten eben umgibt - ganz gleich, welche Klamotten sie tragen oder wie schüchtern sie sein mögen. Wer sich zum Jahresende nicht hinterfragen mag, sollte das Buch erst im Januar lesen. Oder gleich vorher verschenken.

© SZ vom 03.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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