Luft und Liebe:"Sag es endlich!"

Lesezeit: 3 min

Warum nur wollen Frauen immer wieder hören, dass man sie liebt. Können sie es sich nicht einfach merken?

Violetta Simon

Da steht ein Blumenstrauß auf dem Tisch. So groß wie ein Gebüsch, genau das Richtige für die Garderobe eines Filmstars. "Der ist von meinem Mann", erklärt die Beschenkte, "der macht so was öfter". Die Freundin versucht, den aufkommenden Neid zu unterdrücken und wundert sich, wie selbstverständlich solche Aufmerksamkeiten für die andere zu sein scheinen.

Liebesgeschwurbel kommt bei Frauen immer gut an. Liebesbeweise hingegen weniger. (Foto: Foto: iStockphoto/sueddeutsche.de)

"Kein Wunder", denkt sie, "die bekommt jede Woche so ein Ding". Und man selbst? Höchstens alle paar Monate. Und dann ist es meist so ein mitgebrachter aus dem Supermarkt. Auch hübsch und sicher gut gemeint. Aber trotzdem irgendwie nicht dasselbe.

Wann habe ich eigentlich das letzte Mal Blumen gekriegt, überlegt sie so für sich. Sie kann sich nicht erinnern, kriegt schlechte Laune. Und wühlt weiter im Schlamm der Selbstzweifel. Prompt fällt ihr noch was ein:

"Nie sagst du mir, dass du mich liebst!" platzt es abends aus ihr heraus. "Aber gedacht habe ich es", verteidigt er sich. "Außerdem verstehe ich nicht, wieso ich etwas, das du sowieso schon weißt, in regelmäßigen Abständen wiederholen soll. Kannst du es dir nicht einfach merken?" "Kannst du es nicht einfach mal sagen?" keift sie zurück. "Und Blumen krieg ich auch fast nie."

Am Anfang ihrer Beziehung gab es öfter mal Blumen. Mit den Worten war es ähnlich: Er sprudelte nur so vor lauter Tiefsinn. Er schrieb sogar Gedichte!

Manche drucken ihre Liebesbotschaft sogar auf ein Banner und lassen es von einem Flugzeug über den Himmel der Heimatstadt ziehen. Andere lassen rote Rosen regnen oder verteilen kleine Zettel mit Liebesbotschaften in der Wohnung.

Und dann wundern sie sich, wenn man das immer haben will!

Frauen müssen lernen zu verstehen: Ein Mann hält sowas nicht durch. Männer tun sich einfach schwerer als Frauen, ihre Gefühle in Worte zu fassen.

Es ist ja nicht so, dass Männer ihre Zuneigung nicht zeigen. Sie tun es eben nur nicht verbal, sondern handeln lieber. Mit anderen Worten: Liebesbeweise statt Liebeserklärungen.

Ein Mann, der liebt, fährt ohne Murren für seine Angebetete abends nochmal los, um an der Tankstelle eine ganz bestimmte Sorte Kekse zu holen. Er repariert die Bremsen an ihrem Rad, flickt die Reifen und besorgt ihr ein neues Fahrradschloss. Alles zu ihrer Sicherheit. Es macht ihm auch nichts aus, jedesmal, wenn sie eine Verabredung hat und nicht mehr weiß, wo sie letztes Mal ihr Auto geparkt hat, aufs Rad zu steigen und die Straßen auf- und abzufahren, um es zu suchen.

Verschiedene Sprachen

Das alles tut er, damit sie spürt, wie viel sie ihm bedeutet. Er ist kein Ritter auf einem Schimmel. Eher eine Art Dienstleister. Lieber würde ein Mann täglich ein Dutzend Reifen flicken, wenn er dadurch vermeiden kann, über seine Gefühle sprechen zu müssen.

Sie hingegen würde auf seine Handwerkerdienste gern verzichten, wenn er nur mal über die Lippen bringen würde, dass er sie liebt. Statt einem funktionstüchtigen Fahrrad will sie unbedingt einen Ritter, der ihr durch einen Strauß roter Rosen Minnegesänge zuschwurbelt.

Sicher sind Frauen in der Lage, die Botschaft eines reparierten Fahrrades zu erkennen. Trotzdem wäre es einfach zu viel verlangt, wenn sie sich darüber ebenso freuen sollen wie über Blumen oder ein Liebesgedicht.

Es hilft also nichts, jeder muss versuchen, dem anderen entgegenzukommen.

Niederknien, küssen, Treue schwören

Auch ein Mann kann sich dazu überwinden, ab und zu ein paar Worte in Bezug auf seinen emotionalen Zustand zu verschwenden. Zur Not kann er sich ja vorstellen, seine Partnerin wäre ein Fernseher, der gerade ein Fußballspiel überträgt. Dann schafft er das im Schlaf: Niederknien (bitte nicht "Schalkööö" rufen!), das Gerät (die Frau) küssen, ewige Treue schwören (sich vorstellen, es wäre der Lieblingsverein).

Als Gegenleistung sollte sie versuchen, sich für die männliche Variante und deren pragmatischen Aspekt zu erwärmen. Mit anderen Worten: die Liebesbeweise dort suchen, wo sie sich verstecken. In Fahrrädern, Ölwechseln oder nächtlichen Spießrutenläufen.

Er weiß eben, dass sie zwar ganz toll über ihre Gefühle sprechen kann, im Reifen flicken aber eine echte Niete ist. Und er weiß auch, dass ihr mit Blumen nicht weitergeholfen ist, wenn sie dafür zu spät zu ihrer Verabredung kommt, weil sie wieder einmal ihr Auto nicht finden kann.

Nur wer nicht fühlen kann, will hören. Und sehen. Doch zuweilen kommt es vor, dass man den Wald vor lauter Blumen ... pardon ... Bäumen nicht mehr sieht.

Übrigens: An dem Blumenstrauß, der für so viel Neid und Unzufriedenheit gesorgt hatte, hängt - kaum sichtbar - eine kleine Nachricht: "Tut mir leid, es wird mal wieder später. Kannst du den Tisch abbestellen? Warte nicht auf mich. Dein G."

Sie öffnet das Fenster, um Luft hereinzulassen. Die Blumen duften einfach viel zu stark.

Die Kolumne "Luft und Liebe" erscheint jeden Mittwoch auf sueddeutsche.de. Bookmark: www.sueddeutsche.de/luftundliebe

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