Lob der Realität:Ausnahmen bestätigen die Regel

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PeterLicht ist Autor und Musiker und erklärt an dieser Stelle jede Woche die Welt. Er lebt und arbeitet auf dem Boden der Tatsachen.

Von PeterLicht

Ausnahmen bestätigen die Regel. Das ist die Regel, die immer gilt. Es gibt also immer Ausnahmen, oder man könnte auch sagen, es gibt ausnahmslos Ausnahmen. Ahh o.k. So weit, so gut. Aber manchmal, das muss man auch erwähnen, gibt es KEINE Ausnahme. Dann gilt die Regel IMMER. Es gibt in diesem Fall dann keine Ausnahme, und die Ausnahmen bestätigen nicht die Regel, sondern die REGEL bestätigt die Regel. Das ist mir ehrlich gesagt in der Regel angenehmer, weil ich dann weiß, woran ich bin. Klare Kante. Yippijeah!

Manchmal allerdings, das möchte ich auch erwähnen, wenn ich so ein bisschen schlabbrig drauf bin, ähhhh, wenn die mediterranen Flusen meines teutonischen Herzens es so wollen, wenn der Nachthimmel mild ist und mein Kopf schwirrt, uoaahhh, wenn ich so herumstochere in meiner Lebenssuppe, wenn ich der klaren Kante nicht mehr so ganz traue, dann sind mir die regelbestätigenden AUSNAHMEN doch lieber als die regelbestätigenden REGELN, das muss ich sagen. Es fühlt sich dann etwas lässiger an oder weltläufiger (. . . wobei sich natürlich die Frage stellt, ob ein teutonisches Herz mediterrane Flusen haben kann, ob Herzen überhaupt Flusen haben und ob eine Fluse etwas wollen können kann, was ich alles verneinen würde, aber irgendwie auch wieder nicht). Mmmh o.k.

Was einem lieber oder unlieber ist, regelbestätigende Ausnahmen oder regelbestätigende Regeln, das hängt von der Tagesform ab und wie sehr man bereit ist, Kopfschmerzen in Kauf zu nehmen für ein paar weitere Gedanken in der Gesamtmasse seiner Lebensgedanken, die im Nachhinein betrachtet eigentlich unbedeutend gewesen sind, aber das weiß man ja in dem Moment nicht, in dem man sie denkt und der Kopfknoten kommt. Die Kopfschmerzen sind nicht zu unterschätzen! Sie können IMMER auftreten, wenn man sich über Nichtigkeiten zu viel und zu verspannt Gedanken macht.

Manchmal aber übersteht man die zu vielen und verspannten Nichtigkeitsgedanken unbeschadet, obwohl der Kopfschmerz eigentlich hätte eintreten müssen. Das lässt einen ratlos zurück, da man ja in der Regel IMMER gerne wissen möchte, ob es schmerzend weitergeht oder EINFACH SO. EINFACH SO ist einem in der Regel lieber. Manchmal MÖCHTE man ja lieber gar nicht wissen, wie es weitergeht und was auf einen zukommt. Meinen Gedanken allerdings, das habe ich festgestellt, ist es in der Regel NICHT lieber, nichts zu möchten, sondern unlieber, weil sie eigentlich IMMER etwas möchten. Das nervt, muss ich zugeben.

Allerdings wüsste ich auch nicht, wie meine Gedanken es besser machen sollten, ich habe ihnen schon des öfteren angeraten, NICHTS zu möchten, was sie aber zurückgewiesen haben mit dem Hinweis darauf, dass sie dann keine GEDANKEN mehr seien, sondern VORSTUFEN VON GEDANKEN. Und wie man sich ja vorstellen könne, so argumentieren sie, könne die Vorstufe von irgendetwas nicht mit ihrer auf sie folgenden Folge oder Erscheinungsform kommunizieren, was mir augenblicklich einleuchtete. Eine Raupe könne nicht mit dem aus ihr wachsenden Schmetterling reden oder der Dampf nicht mit dem Wasser. Okay stimmt, denke ich. Stimmt, aber trotzdem. Warum eigentlich nicht?

Manchmal misstraue ich meinen Gedanken, weil sie allzu genau zu wissen scheinen, wohin die Reise geht, und ohne Rücksicht auf Verluste etwas behaupten, was nach irgendetwas klingt. Aber schon drei Gedanken später erzählen sie mir dann das Gegenteil von dem, was sie vorher behaupteten. Mir selber misstraue ich nicht, aber meinen Gedanken. Das geht nicht, höre ich meine Gedanken rufen, wir sind die Vorstufe von dir, wir sind der Lehm, aus dem dein Bewusstsein geknetet ist, und damit DU! Und man könne nicht seiner eigenen Vorstufe misstrauen ohne sich selbst zu misstrauen. Ah okay stimmt, denke ich. Stimmt, aber trotzdem. Vielleicht ist das eine Ausnahme! Ah o.k, sagen sie, du musst dich schon entscheiden. Was du willst und was dir lieber ist oder unlieber.

Ah o.k, sage ich, ich entscheid' mich! Ich nehm' die Kopfschmerzen und eine heiße Tasse Ibuprofen.

© SZ vom 13.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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