Liebes Leben:Unter Müttern

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(Foto: N/A)

Unsere Kolumnistin hat sich regelrecht erschrocken, als sie Herzogin Kate auf einem Foto sah: blendend frisiert, gertenschlank, bestens drauf - und das zehn Stunden nach der Entbindung! Was die Frage aufwirft: Darf die das überhaupt?

Von Franziska Storz

Wenn sie pupst, riecht es nach Pfirsich. Seit sich Herzogin Kate zehn Stunden nach der Geburt ihrer Tochter vor einer Londoner Klinik präsentiert hat, bin ich mir da sicher. Mit Wallemähne, schönem Kleid, irgendwie sympathisch, mit dem Mann an ihrer Seite und der kleinen Prinzessin auf den schmalen Armen. In den Medien wurde spekuliert: "Hat sie überhaupt ein Kind zur Welt gebracht?" Nein, es war bestimmt ein Kaninchen! Meine Freundinnen streiten seither über die Frage, ob man das überhaupt darf, so schnell so perfekt sein nach einer Geburt. Oder ob Kate damit auch den Gebärvorgang zu einem Work-out erklärt, das man ohne Schweißflecken absolvieren sollte.

Unter Frauen gibt es so etwas wie einen heiligen Geburtenimperativ. Erzähle nie einer Freundin, die noch nicht Mutter ist, was sich im Kreißsaal wirklich abspielt. Hält sich bloß keine dran. Wer also mal einen besonders blutrünstigen Abend verleben will, sollte drei Mütter einladen, Prosecco ausschenken und dann beiläufig das Thema Geburt anschneiden. Ein Praktikum auf einem Großschlachthof wäre die vergleichbare Alternative.

Manche sprechen vom "schlimmsten Tag meines Lebens" und schildern detailliert, wie das Kind an der Wirbelsäule entlangschrammte. Allein die Erzählungen, was danach alles genäht werden musste, können abendfüllend sein. Mit der Frauensolidarität ist es auch bei diesem Thema wieder so eine Sache: Die werdenden Mütter, die eine PDA verlangen, sind eh Luschen, denen mit Kaiserschnitt geht es nur um die Figur, die mit Hausgeburt sind verantwortungslos, die mit Hypnosetechnik Snobs, und wer es einfach so versucht, hat sich verdammt schlecht informiert.

Warum ist das nur so unter Frauen? In einer Zeit, in der Hebammen und Erzieherinnen Unterstützung bitter nötig haben, sollten wir uns besser nackt an Kindertagesstätten und Geburtshäuser ketten, als über die makellose Frisur der Herzogin herzuziehen. Und nun zur Ausgangsfrage: Darf Kate zehn Stunden nach der Geburt schon wieder so ekelhaft gut aussehen?

Klar darf sie. Das müssen wir aushalten. Es geschieht uns sogar recht! Wir vergleichen uns ja immer nur mit den Frauen, die nach einer Schwangerschaft schneller wieder schlank, entspannt und besser organisiert sind. Mit den tapferen Muttertieren, die weniger Falten im Gesicht und ewig gute Laune haben und mit 35 eine Immobilie. Wir denken selten an die Frauen, die in Syrien mitten im staubigen Krieg Kinder zur Welt bringen und ganz andere Prioritäten mit sich rumschleppen.

Falls Kate Tipps fürs perfekte Foto hat, soll sie sich trotzdem bei mir melden. Ich habe auf meinen Hochzeitsbildern wie Angela Merkel ausgesehen: Scheißfrisur, Hosenanzug und irgendwie untersetzt. Acht Wochen später, bei der Geburt meiner Tochter, trug ich dann trotzig roten Nagellack an den Füßen. Der hielt nach 17 Stunden Wehen immer noch tipptopp.

© SZ vom 16.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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