"Ladies & Gentlemen" zu Hosenbund:Hoch die Hosen! Oder doch nicht?

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Mode-Profis tragen längst wieder High-Waist-Jeans. (Foto: N/A)

Bei Frauen unterliegt die Taillenhöhe den Geschmacks-Gezeiten der Mode. Bei Männern folgt der Hosenbund anderen Gesetzen. Aus gutem Grund.

Von Julia Werner und Max Scharnigg

Zu den wichtigsten Merkmalen, die eine Frau modern oder alt aussehen lassen, gehört der Körpermittelpunkt. Alter Designer-Trick: ihn mal nach oben, mal nach unten rutschen lassen, und schon sieht alles neu aus.

Ein paar Saisons lang saßen Röcke und Hosen auf den Hüften. Es ging nicht anders, weil die minimalistischen Neunzigerjahre ihr Revival feierten und die Silhouette deshalb Abstand vom Körper hielt. Das war zwar todschick, wirkte aber auch ein bisschen wie die asexuelle Rüstung in Zeiten der Sexismus-Debatte.

Nun, irgendwann kommt er immer, der Moment, in dem Frauen sich wieder nach Altherren-Komplimenten an Hotelbars sehnen. Ganz einfach, weil das Leben sonst so langweilig ist!

Mode-Profis tragen längst wieder High-Waist-Jeans und breite Gürtel, dabei geht die Taillenbetonung offiziell erst im nächsten Sommer los: auf den Laufstegen von Alexander Wang, Altuzzara, Givenchy und Alessandra Rich waren die besten Hosen zum Thema zu sehen.

Sie sind riskant. Die Cameltoe-Gefahr, das zweigeteilte Geschlechtsmerkmal im Schritt, lauert. Tief sitzende Hosen waren allerdings nie besser: Bei jedem Bücken wölbte sich der Hintern wie ein gigantischer Pfirsich dem Betrachter entgegen.

Das hat jetzt ein Ende. Für den neuen Look ist eine Modelfigur zwar von Vorteil, aber kein Muss. Nur eine gewisse Uschi-Obermaier-Attitüde ist Pflicht: hineinzwängen und nicht einen Moment daran denken, wie man in dieser Hose von hinten, von vorne oder von der Seite aussieht. Sex-Appeal kommt immer noch von innen.

Julia Werner

So ein hoher Hosenbund wirkt ja erst mal gnadenlos alt- und danach gleich unmodisch. Kein Wunder, seit mindestens drei Dekaden sitzen die Hosen auf der Hüfte oder drunter, der Schritt liegt eher zwischen den Kniekehlen, als, nun ja, im Schritt.

Es gibt auch keine besonders attraktiven Vorbilder für eine High-Waist-Optik. Konrad Adenauer pflegte seine Hosen als selbsttragende Karosserie mittels Hosenträgern oberhalb des Bauchnabels zu hängen. Danach fällt einem nur die US-Serienfigur Steve Urkel ein, mit reingestopften Flanellhemd und gar nicht so weit vom Model hier entfernt.

Das freilich kommt nicht von der Comedy, sondern von Saint Laurent. Nur mit so einer Referenz funktioniert der Bund auch. Also mit intellektuell-luxuriösem Überbau, der dem Träger Wissen über die Mod-Kultur und klassische Herrengarderobe bescheinigt, die sich beide auf die hohe Hose stützten.

Das Problem der Konstruktion konnten sie auch nicht lösen. Es liegt hinten. Während bei Damen der himmelwärts verschobene Bund zu einer Hinternpartie führt, die man relativ leicht attraktiv finden kann, passiert das bei Männern nie. Einfach weil Herrenhosen nicht so anliegend sind, und selbst wenn - eine gepresste Birne am verlängerten Rücken entspricht nicht dem männlichen Ideal.

Nein, ein Sakko muss die Rückseite gnädig verhüllen. Wozu dann darüber nachdenken? Nun, erstens weil das die Aufgabe von Mode ist, und zweitens, weil die Hose über dem Bauch bequemer sitzt als unterm Bauch - kann sich nur kaum einer mehr daran erinnern.

Max Scharnigg

© SZ vom 08.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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