Kolumne "Er sagt, sie sagt":Grau sind alle ihre Kleider

Lesezeit: 2 min

Von wegen grau: Die Kleider einer Frau unterscheiden sich sehr wohl - in Nuancen. (Foto: iStock)

Wenn ihre Pullis in seinen Augen alle gleich aussehen, dann kann es dafür nur einen Grund geben: Mit seinen Augen stimmt etwas nicht. Eine Kolumne über die Kommunikation zwischen Mann und Frau.

Von Violetta Simon

Sie steht vor ihm, die Hände in die Hüften gestemmt.

Sie: Du hast noch gar nichts gesagt.

Er: Wozu?

Sie: Zu meinem neuen Pulli.

Er: Ach, der ist neu?

Sie: Ja, gefällt er dir?

Er: Sicher, dass du ihn nicht schon mal anhattest?

Sie: Ja. GANZ sicher!

Er: Ich dachte, so einen hätte ich schon an dir gesehen.

Sie: Gefällt er dir jetzt oder nicht?

Er: Er ist so ... grau, findest du nicht?

Sie: Was soll das heißen: so grau? Und warum beantwortest du meine Fragen eigentlich immer entweder gar nicht oder mit einer Gegenfrage?

Er: Ach - tu ich das?

Sie: Siehst du, genau das meine ich!

Er: Also gut. Ich geb's zu: Ich kann deine Pullis nicht auseinanderhalten. Die sehen alle gleich aus.

Sie: Weil du eben nicht richtig hinschaust!

Er: Ich schaue ja! Aber für mich sind die alle ... na ja, grau halt.

Sie: Eben nicht - das ist Chinchillagrau!

Er: Ist doch auch eine Art Grau, oder nicht?

Sie: Du hast echt keine Ahnung! Komm mit, ich zeig dir was. ( Zieht ihn zu ihrem Kleiderschrank und öffnet die Türen. Der Blick fällt auf drei Fächer mit Stapeln fein säuberlich zusammengelegter Pullover sowie eine Kleiderstange, an der Strickjacken und Blusen hängen - alle in diversen Grau-Nuancen). Wusstest du, dass es in der Grafik 256 verschiedene Grautöne gibt?

Er: Bis eben nicht. Aber wie es aussieht, hast du sie bald beisammen. Und die willst du wirklich alle tragen?

Sie: Die TRAGE ich. Du merkst es nur nicht.

Er: ( Zieht etwas ratlos an einem Ärmel, dann an einem anderen) Also, ich kann hier bestenfalls Nuancen erkennen - zwischen steingrau und mausgrau.

Sie: Von wegen: Dieser hier zum Beispiel ist eindeutig Kopenhagenergrau. Und das da aschgrau.

Er: Aschgrau? Sagst du nicht immer, deine Haare wären so?

Sie: Blond - das heißt Aschblond! Also echt.

Er: Das versteh ich jetzt nicht, weil deine Haare doch eher ... obwohl ...

Sie: Sprich nur weiter!

Er: Äääh ... was hat die Strickjacke jetzt noch mal für eine Farbe?

Sie: Diamantgrau melliert - mit Nuancen in Schieferkiesel.

Er: Im Ernst jetzt? Klingt ja eher nach irgendwelchen Phantasienamen, die sich so ein unterbeschäftigter Modefuzzi ausgedacht hat.

Sie: Du hast echt keine Ahnung. ( Nimmt einen Cashmere-Cardigan vom Bügel). Oder das hier: Dieses grünstichige Chalzedongrau ist total angesagt.

Er: Ich tendiere ja in dem Fall eher zu einem gelbstichigen Kneipengardinengrau. Obwohl es mich auch ein bisschen an Mieselaunegrau erinnert.

Sie: Ruhe! Siehst du das? ( Holt einen Rollkragenpullover hervor) Das nennt man Eisgrau.

Er: Ach wo, eindeutig Matschepampegrau!

Sie: Du willst es nicht kapieren, stimmt's?

Er: Doch, ich kapier es jetzt erst richtig! Komm, lass mich mal: Das da ist Abgasgrau, stimmt's? Und das Schlechtwettergrau. Oder nein, warte! Schimmelgrau. Ach, nicht? Dann vielleicht Kleistergrau?

Sie: Also gut, ein letzter Versuch: Welche Farbe haben deine Felgen?

Er: Titangrau. Aber nur bei den Winterreifen. Die Felgen für die Sommerreifen sind Himalaya-Metallic!

Sie: Siehste? Jetzt hast du's kapiert.

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