Jennifer Lopez privat:"Du musst Opfer bringen"

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Von prominenten Menschen kann man etwas lernen. Besonders wenn sie von sich selbst sprechen: Jennifer Lopez über Kreativität, Nervenzusammenbrüche und ihre Situation als berufstätige Mutter.

Dirk Peitz

Ein großer Saal im Kölner Hyatt, leer bis auf ein Piano in der Ecke und einen einzigen runden Tisch vor der Fensterfront. Dort sitzt, wie eine vergessene Ballkönigin, Jennifer Lopez in einem Kleidchen und schaut versonnen hinaus auf den Rhein. Warum sie ihre Beine unterm Tischtuch versteckt hält, versteht man erst später: Zwischendrin schleicht ihr mitgereister Stylist herein und will Schuhe bringen. Die Königin ist barfuß.

Erlitt mehrere Nervenzusammenbrüche, ließ es sich jedoch nicht anmerken: Jennifer Lopez. (Foto: Foto: Reuters)

Sich erkennen

"Ich kann mich daran erinnern, dass ich mit einer Freundin mal zu einer Schulaufführung in der Nachbarschaft gegangen bin. Wir waren vielleicht elf, zwölf Jahre alt. Oben auf der Bühne sangen und tanzten Kinder, und irgendwann fragte ich meine Freundin:

Wärst du nicht auch gerne da oben? Nein, antwortete sie. Ich verstand das erst überhaupt nicht. Ich hatte immer gedacht, alle wollten das Gleiche! Ich erinnere mich vor allem deshalb an diesen Moment, weil es so überraschend für mich war, dass meine Freundin lieber Zuschauerin bleiben wollte. Zu dem Zeitpunkt begriff ich, dass ich anders war. Und auftreten musste. Wirklich: musste. Es war wie eine unbedingte Notwendigkeit. Ich wollte nichts anderes."

Sich einzeln sehen

"Ich hatte immer Ambitionen. Sie kommen aus dem Schaffenwollen. Als Teenager habe ich mir selber eine Tanzausbildung und Schauspielstunden finanziert. Es ging mir nicht darum, Teil eines Ensembles zu sein, sondern selbst etwas gut zu können. Ich will mir immer selbst etwas beweisen. Anderen eigentlich nie."

Motivation

"Diese Notwendigkeit, von der ich gerade sprach, nutzt sich nicht ab. Deshalb gibt es auch gar kein Ziele zu erreichen, man arbeitet ja keine Liste ab im Leben. Es geht immer weiter. Warum malt ein Maler immer weiter? Weil es das perfekte Meisterwerk zum Glück nicht gibt. Selbst wenn er eines geschaffen hätte, verlöre er dadurch nicht sein Verlangen, trotzdem das nächste Bild zu malen. Das Gleiche gilt für Schauspieler, Sänger, Songschreiber, Produzenten, für alle Berufe also, die ich ausübe. Du machst das alles nicht für den Erfolg, nicht fürs Geld, sondern nur für die Freude, es tun zu können. Weil du es liebst. Weil du dich selbst ausdrücken möchtest."

Welche Freizeit?

"Ein Leben ist auch ohne Arbeit ganz schön. Weshalb setzen Sie sich dem Trubel nun wieder aus? Weil ich die Wahl habe. Stellen Sie sich vor: Ich arbeite gern. Ich erschaffe gern Dinge. Ich liebe die Vorstellung, dass da erst nichts ist und am Ende ein neuer Song entstanden ist, ein neuer Film. Alles, was ich tue, hat etwas mit der kreativen Verwandlung von Ideen in konkrete Dinge zu tun. Meine Zeit nur mit meinen Kindern und meinem Mann zu verbringen, das war toll, das hätte von mir aus ewig so weitergehen können. Aber um ein ausgefüllter Mensch zu sein, muss ich arbeiten. Und ich muss umgekehrt ein ausgefüllter Mensch sein, um meinen Kindern die bestmögliche Mutter zu sein. Ich würde einen Teil meiner selbst verleugnen, wenn ich nur zu Hause bliebe. Meinem Mann geht es ganz ähnlich. Und ich finde nicht, dass irgendetwas daran falsch sein könnte. Im Gegenteil. Unsere Kinder profitieren davon, dass sie sehr zufriedene Eltern besitzen."

Listen sind was für die anderen

Bin ich ein Wettbewerbstyp? Absolut. Aber ich befinde mich nicht im Wettbewerb mit irgendjemand anderem, sondern nur mit mir selbst. Worum sollte ich auch mit anderen konkurrieren? Worum sollte man denn streiten? Und was wäre der Preis, den es zu gewinnen gäbe? Meine Songs sind besser als deine, meine Filme sind besser als deine? Solche Vergleiche sind dämlich. Eine Nummer eins ist immer toll. Und doch geht es in Wahrheit darum, dass die Leute wirklich mögen, was man gemacht hat. Man spielt vielleicht in einem Blockbuster mit, aber die Leute könnten ja trotzdem enttäuscht aus dem Kino kommen. Das Schönste ist, wenn sie richtig, richtig lieben, was man tut. Darum macht man es ja letztlich: um andere Menschen zu berühren."

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Selbstironie

"Es gibt einige Parallelen zu meinem Leben. Die Zwillinge standen schon im Drehbuch, bevor ich selbst welche bekam. Denn es gab das Skript schon, bevor ich Mutter wurde, Filmprojekte haben eben ihren Vorlauf. Und dass es im Film Zwillinge sind, hat einen dramaturgischen Sinn: Der Mann soll doppelt geschockt werden von der Aussicht, dass die Frau, in die er sich gerade erst verliebt hat, gleich zwei Babys erwartet. Ich bin durchaus in der Position in Hollywood, dass ich hätte sagen können: Ich will diese Parallele zu meinem Leben nicht, also schreibt das um. Aber das wäre Unsinn gewesen. Genau wie die Witze über meinen Körper: Also: Ich hätte auch diese Witze rausstreichen lassen können. Doch das wäre selbstsüchtig gewesen. Die Witze sind wichtig für den Film, sie sind nicht wegen, sondern trotz meiner Person da drinnen. Die gehören auch zur Komik des Films. Frauenkörper verändern sich nun mal in der Schwangerschaft. Was wäre da komischer, als die Tatsache zu thematisieren, dass sogar die Rückseite der Frau etwas voluminöser. . ."

Opfer bringen

"Man muss akzeptieren, dass sich das eigene Leben mit dem Ruhm ändert. Man muss seine Verhaltensweisen diesen Realitäten anpassen. Da kannst du die Wand anschreien, es ändert nichts: Du musst Opfer bringen. Du kannst nicht mehr überall hingehen, du kannst viele Sachen nicht mehr tun, musst vorsichtig sein. Du formst dein Leben entsprechend den Bedingungen deiner Bekanntheit neu. Aber es gab nie den Punkt, an dem ich dachte: Es ist zu viel, ich geb' auf. Dafür liebe ich das, was ich tue, einfach zu sehr. Am Anfang glaubt man noch, dass man doch nichts falsch macht; dass man doch ein guter Mensch ist. Die Wahrheit ist: Ich bin Nachrichtenware. Und Paparazzi existieren, sie verfolgen mich."

Nichts anmerken lassen

"Es stimmt, dass mir der Text des Liedes "Jenny from the Block" vorgehalten wird. Aber es ist ja alles wahr. Ich kann "Jenny from the Block" sein, ich komme ja wirklich aus der Bronx. Soll ich deswegen keine teuren Schuhe von Louboutin tragen? Das ändert nichts daran, wer ich wirklich bin. Und keine Häme, kein Neid und keine sonstigen negativen Gefühle anderer können mir das wegnehmen."

Perfekt sein

"Es gab harte Zeiten, in denen ich hinter zugezogenen Fenstern ein paar Nervenzusammenbrüche hatte, und mir trotzdem draußen nichts habe anmerken lassen. Weil ich es als meine Aufgabe betrachte, Leute im positiven Sinne zu inspirieren, als Künstlerin. Nun, ich bin zweifelsohne nicht perfekt. Ich unterscheide mich von anderen Menschen in erster Linie darin, dass sich mein Leben in weiten Teilen vor den Augen der Öffentlichkeit abspielt. Ich versuche, das mit so viel Würde und persönlicher Integrität hinzubekommen wie möglich. Ich bin nicht der Typ, der schlampig angezogen aus dem Haus treten würde. Oder der es zulassen würde, vor Kameras zu weinen. Oder vor aller Augen zusammenzuklappen. Ich empfinde das als meine persönliche Verantwortung, mir selbst gegenüber und meiner Familie. Die Schwächen und Makel, die jeder hat, müssen die Menschen von mir nicht auch noch sehen."

Ziele

"Ich hab zwanzig Sachen, die ich noch erreichen möchte. Okay, ich würde mich für das Offensichtliche entscheiden: Ich würde gern einen Oscar gewinnen. Das muss ein Spaß sein! Warten wir's ab. Vielleicht, eines Tages. Ich bin dafür da, dass die Menschen sehen: Man kann schaffen, was immer man sich vornimmt. Alles ist möglich."

Ihr erster Film nach einer längeren Babypause, die romantische Komödie "Plan B für die Liebe" ist gerade in den deutschen Kinos angelaufen. Für den Sommer ist außerdem ein neues Pop-Album von Lopez angekündigt.

© SZ vom 15.05.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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