Italien und der Büffel-Mozzarella:So ein Käse

Lesezeit: 2 min

Dioxin im Kulturgut: Die Mozzarella-Krise nimmt kein Ende und die Italiener befürchten das Schlimmste. Nach Neapels brennenden Müllbergen wird das "weiße Gold" zum nächsten Desaster.

Stefan Ulrich

Auch das noch: Erst wurden die Neapolitaner vom Müll überschwemmt, und nun droht rund um den Vesuv der Büffel-Mozzarella auszugehen. Die italienische Regierung erläuterte den Viehzüchtern und Käseproduzenten der Region Kampanien jetzt ihren Dioxin-Kontrollplan, der einen Verkaufsstopp für etwa zwei Wochen mit sich bringen soll.

Addio Insalata Caprese, addio Pizza Margherita, dürfte es demnach bald in den Restaurants der Amalfi-Küste, Capris und Sorrents heißen, sofern die Köche nicht - horribile dictu - mit gewöhnlichem Kuhmilch-Mozzarella aus anderen Gegenden vorliebnehmen. Die Büffelmilch-Erzeuger befürchten bereits das Schlimmste. Einer ihrer Vertreter meint: "Das wird ein schwerer Schlag für uns - und vielleicht der Gnadenstoß."

Dabei haben die Büffelmilch-Betriebe Kampaniens, an denen etwa 20.000 Arbeitsplätze hängen, schon bisher mit Umsatzeinbußen von, je nach Markt, bis zu 60 Prozent zu kämpfen. Seit um Neapel wieder die Müllberge brennen und das giftige Dioxin in die Umwelt freisetzen, schrecken Verbraucher im In- und Ausland vor den porzellanweißen, elastisch-weichen Käsebällchen zurück.

Kommt ein Importverbot der EU?

Nachdem vergangene Woche bekannt wurde, dass bei Proben tatsächlich erhöhte Dioxinwerte festgestellt wurden, befürchteten die Produzenten sogar ein Importverbot für die ganze Europäische Union. Brüssel aber gibt sich jetzt erst einmal mit dem Kontrollplan der Regierung in Rom zufrieden. Bis zum 25. April sollen der EU die Ergebnisse aus allen betroffenen 610 Betrieben vorliegen.

Einige Staaten des Fernen Ostens aber haben bereits einen Einfuhrbann erlassen. Nach Südkorea und Japan hat sich auch China dem Mozzarella verschlossen. "Der Orient mag uns nicht", klagte der Corriere della Sera und druckte zur Strafe Fotos von womöglich giftigem chinesischen Kinderspielzeug ab. Der Hinweis des Landwirtschaftsministers, Italien exportiere gar keinen Mozzarella nach China, dämpfte die Empörung kaum.

Gebacken, verkocht oder sonstwie malträtiert

Der zarte Büffel-Mozzarella mit seinem leichten, sinnlichen Moschusduft ist für Italiener nicht irgendein Käse, sondern ein Kulturgut. Das "weiße Gold" der Campagnia steht für die Fähigkeit, aus einfachen Dingen Vorzügliches zu machen, eine Kunst, die die Bewohner der Apennin-Halbinsel seit Jahrtausenden pflegen. So wurden Vorläufer des Mozzarellas bereits von den alten Römern hergestellt.

Im Mittelalter konnten sich Reisende in italienischen Klöstern mit dem nahrhaften Büffelkäse stärken. Den Namen soll später ein Koch am Hof der Päpste erfunden haben. Der Begriff leitet sich vom italienischen Wort mozzare (abschneiden) her. Denn bei der Produktion teilt der Käser die geronnene Büffelmilchmasse in Stücke, um daraus Kugeln oder Zöpfe zu formen.

Längst wird Mozzarella in aller Welt hergestellt und für unterschiedlichste Gerichte gebacken, verkocht oder sonstwie malträtiert. Ähnlich wie der Cappuccino oder der Chianti symbolisiert der Mozzarella für transalpine Menschen italienische Lebensart. Dabei sind viele der angebotenen Käsekugeln aus Kuhmilch erzeugt.

Der "echte" Büffel-Mozzarella mit garantierter Herkunftsbezeichnung kommt nach wie vor aus Kampanien und dem südlichen Latium. Bislang jedenfalls. Während sich die Molkereien in Latium mit dem Symbol des Kolosseums auf ihren Milchprodukten gegenüber der Neapel-Region abgrenzen wollen, fürchten die dortigen Kollegen, durch den Verkaufsstopp während der Dioxinkontrollen vom Markt verdrängt zu werden.

Nur 20 Millionen und eine Image-Kampagne

"Es ist absurd, die Vermarktung des Büffel-Mozzarellas 14 Tage zu blockieren", schimpft Giuseppe Politi, Chef des Bauernverbandes Cia. Er fordert, die Betriebe mit 400 Millionen Euro zu entschädigen. Die Regierung in Rom bietet allerdings nur 20 Millionen Euro an - und eine Image-Kampagne im Fernsehen.

Nicht allein der Mozzarella macht derzeit negative Schlagzeilen. Die Bundesländer Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz warnten erneut vor dem Verzehr eines italienischen Frischkäses aus Schafsmilch. Der "Ricotta Salata" sei deutlich stärker mit gesundheitsschädlichen Keimen belastet als vermutet. Das Landesuntersuchungsamt in Koblenz gab bekannt, dass der Käse der Firmen P.S. Giacomo und Gennaro Anrichhio aus Cremona mit gesundheitsschädlichen Keimen belastet sei. Die Bakterien würden auch im Kühlschrank weiter wachsen und könnten Darminfektionen mit Durchfall auslösen.

© SZ vom 3.4.2008/ihe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: