Glaubensbekenntnis:Rea Garvey

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Der irische Sänger wuchs mit dem katholischen Glauben auf, hat mit der Kirche nichts mehr am Hut und spricht jeden Tagen mit Gott.

Protokoll von Jan Stremmel

"Klingt vielleicht komisch, aber ich spreche jeden Tag mit Gott. Und das, obwohl ich keinen Kontakt mehr zur Kirche habe. Ich bin sehr katholisch aufgewachsen, jeden Sonntag Gottesdienst - wer seine Kindheit in den Siebzigern in Irland verbracht hat, kennt jede Kapelle von innen. Trotzdem war meine Beziehung zur Kirche immer schwierig. Die Mönche, die mich in der Schule unterrichteten, bestraften uns mit Prügel und erklärten uns bei jeder Gelegenheit, wir kämen für unsere Sünden in die Hölle. Ich hatte eigentlich ständig Schuldgefühle.

Dass viele Leute die Kirche brauchen, verstehe ich total. Es kann trösten, Religion in einer Art Verein zu erleben. Als Teenager habe ich aber für mich entschlossen, dass ich alles mitgenommen habe, was die Kirche mir zu bieten hat. Ich wollte ohne Gottes Helfer gläubig sein, ohne die Drohungen von der Hölle und die Verlogenheit der Mönche an meiner Schule. Ich wollte alleine meinen Weg zu Gott finden. Und das habe ich. Ich glaube, Gott will, dass wir ein gutes Leben führen, deshalb hat er uns einen freien Willen gegeben. Und ich bin sicher, dass man für ein gutes Leben überhaupt nicht gläubig sein muss. Wichtig ist, aus seinen eigenen Stärken das Beste zu machen. Und aus dieser Position der Stärke heraus Menschen zu helfen, die schwächer sind. Vorschriften oder Strafen braucht es dafür nicht.

Mein Vater war Polizist, meine Mutter Lehrerin. Sehr bescheidene Leute, und obwohl wir acht Kinder waren, haben die beiden sich immer sozial engagiert. Das hat mich bis heute geprägt. Es ist doch so: Sobald du deine Aufgabe im Leben gefunden hast, spürst du auch Harmonie mit dir selbst. Meine Aufgabe zum Beispiel ist es, Musiker zu sein, Ehemann, Vater, Sohn und Bruder. Ich hatte auch schlechte Jahre, in denen ich arbeitslos war - umso mehr ist mir heute bewusst, dass ich großes Glück habe, da zu sein, wo ich bin. Vor ein paar Jahren hörte ich in Berlin den Vortrag eines jungen Mannes über die Ausbeutung der ecuadorianischen Ureinwohner durch die Ölindustrie. Dieser Mann und sein Engagement haben mich so beeindruckt, dass ich entschloss, ihn zu unterstützen. Gemeinsam haben wir das ClearWater Project gegründet, das Ureinwohner im verseuchten Amazonasgebiet mit sauberem Trinkwasser versorgt.

Natürlich kann ich nicht ständig vor Ort sein. Aber ich versuche, mit den Dingen zu helfen, die ich als öffentliche Person besser beitragen kann als andere: natürlich mit Geld, aber auch mit Öffentlichkeitsarbeit. Manchmal habe ich auch Zweifel: Sollte ich mich nicht lieber im Hintergrund halten, wie die anderen Helfer? Aber dann denke ich: Nein, ich stehe so oder so im Vordergrund. Lieber nutze ich diese Position, um den Leuten zu sagen, wo ihre Hilfe gebraucht wird. Ohne die Rede des jungen Mannes damals hätte ich nie von diesem Thema erfahren. Heute fühle ich mich in Ecuador zu Hause und den Familien dort verpflichtet. Das ist jetzt Teil meiner Aufgabe in diesem Leben, und ganz in Gottes Sinne. Es fühlt sich gut an, wie eine Hand auf der Schulter, die mich führt."

Rea Garvey, 42, war bis 2010 Frontmann der Band Reamonn . Sein Solo-Album "Prisma" erschien im Oktober.

© SZ vom 28.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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