Gefahr aus der Tiefe:Tödlicher Beutezug

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Lebensgefährliche Attacken von Haien wurden in den vergangenen Wochen vor den Seychellen, Südafrika und selbst vor der russischen Küste verzeichnet. Das ist beängstigend. Allerdings fallen weit mehr Haie dem Menschen zum Opfer als umgekehrt.

Lena Jakat

Immer wieder wird die junge Frau unter Wasser gezogen, sie schreit verzweifelt um Hilfe, klammert sich an eine Boje - doch vergebens. Der Hai ist stärker. Auch geschürt von Blockbustern wie Steven Spielbergs Jaws von 1975, ist die Angst des Menschen vor keinem Tier so groß wie vor dem Hai. Meldungen wie die einer Britin, die Mitte August in den Flitterwochen zusehen musste, wie ein Hai ihren Mann im Indischen Ozean tötete, prägen sich ein.

Der Weiße Hai gehört zu den wenigen Arten der Raubfische, die überhaupt bisweilen Säugetiere wie Robben fressen. Der Mensch tötet alljährlich um ein Millionenfaches mehr Tiere als umgekeht. (Foto: Reuters)

Und auch die anderen Meldungen der vergangenen Wochen scheinen die Angst zu bestätigen: Allein im August starben bei Hai-Angriffen zwei Touristen auf den Seychellen, in Südafrika kam ein Surfer ums Leben, und erstmals wurden auch von der russischen Küste zum Japanischen Meer Hai-Angriffe auf Menschen gemeldet.

Erst am Wochenende wurde ein 26-Jähriger dort von einem Tier schwer an der Schulter verletzt. Eine internationale Datenbank der Universität von Florida verzeichnete fürs vergangenen Jahr 79 unprovozierte Hai-Angriffe - ein Viertel mehr als im Vorjahr. Zahlen für dieses Jahr liegen von der Hochschule noch nicht vor.

Nach jedem Hai-Angriff wird die Wissenschaft befragt. Befriedigende Antworten gibt es jedoch nicht. Forscher vermuten, dass die Überfischung und die globale Erwärmung Ursachen für das Auftauchen der Haie in ungewohnten Gebieten sind. "Haie sind opportunistische Räuber und gehen dahin, wo es Nahrung gibt", sagt etwa Rainer Froese vom Institut für Meereswissenschaften in Kiel. Zwar würden sich durch die Erwärmung der Meere die Verbreitungsgebiete vieler Arten ausdehnen, so Froese. Das sei aber nicht weiter ungewöhnlich.

Fest steht, dass Haie schlecht sehen. Daher kommt es hin und wieder zu jenen berüchtigten Verwechslungen von Surfern oder Schwimmern mit Robben. "Bisweilen beißen Haie auch einfach aus Neugier zu", sagt Forscher Froese.

Blut gerochen

Dagegen riechen die Raubfische äußerst gut - sie können Blut auch noch in einer Verdünnung von eins zu zehn Milliarden wahrnehmen. Taucher, die mit der Harpune auf Jagd gehen, können die Raubfische so ungewollt anlocken. Bisweilen füttern Tauchunternehmen allerdings auch gezielt Haie an, um ihren Kunden den versprochenen Kick zu liefern. Nur sehr wenige Arten des gefürchteten Raubfischs fressen allerdings überhaupt Säugetiere, darunter der Weiße Hai, der Tiger- und der Bullenhai.

Ein Grund für die seit einem Jahrhundert kontinuierlich wachsende Zahl von Hai-Angriffen ist der Universität von Florida zufolge ganz banal die zunehmende Zeit, die Menschen im Wasser verbringen. Billigflügen sei Dank, gelangen weltweit immer mehr Leute an immer mehr Strände. Das Risiko, wie eine der sechs unglücklichen Personen zu enden, die 2010 an einem Hai-Angriff starben, bleibt dennoch sehr gering: eins zu 3.748.067. Es ist also immer noch deutlich wahrscheinlicher, zu ertrinken.

Der Mensch selbst tut indes sein Bestes, um dem Raubfisch den Garaus zu machen: Ein Drittel der 64 Arten von Ozean-Haien sind vom Aussterben bedroht. In Asien etwa ist Haifischflossensuppe gefragt wie nie. Schätzungen zufolge werden allein für diese angebliche Delikatesse jährlich bis zu 70 Millionen Tiere getötet. Ein solches Blutbad kann bekanntlich nur eine Art anrichten.

© SZ vom 30.08.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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