Flüchtlinge:Es tut sich was

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Die Grenzen sind nicht dicht, aber es wird kontrolliert. Denn die Regierung will wissen, wie viele Menschen ins Land kommen - und wer das ist. (Foto: imago)

Keine Ende in Sicht: In Deutschland kommen in diesem Jahr mehr Flüchtlinge an als erwartet. Wie reagiert die Politik darauf? Eine Übersicht.

Von Claudia Henzler

Es sind viele falsche Zahlen im Umlauf. Wie viele Flüchtlinge kommen tatsächlich?

Von Anfang Januar bis Ende September wurden 577 000 neue Flüchtlinge registriert, die in den deutschen Erstaufnahme-Einrichtungen ankamen. Das sind große Flüchtlingsheime, von denen aus die Menschen nach einiger Zeit auf viele Orte verteilt werden. 303 443 der neuen Flüchtlinge haben bereits einen Antrag auf Asyl gestellt. Hinzu kommt eine erhebliche Zahl von Flüchtlingen, die sich nicht haben registrieren lassen. Als sicher gilt, dass 2015 insgesamt mindestens eine Million Flüchtlinge nach Deutschland kommen werden.

Nicht alle Flüchtlinge, die kommen, werden aber hier bleiben dürfen. Die Regierung prüft, ob sie ein Recht auf Asyl haben. Asyl bekommt nur, wer in seinem Land verfolgt wird. Bleiben darf in der Regel auch, wer vor einem Krieg in seinem Heimatland geflohen ist. Flüchtlinge, die kommen, weil sie in ihrer Heimat kaum Geld verdienen oder Hunger leiden, bekommen dagegen kein Asyl.

Warum gibt es an den Grenzen zu Deutschland wieder Kontrollen?

Vor einigen Jahren hatten die Regierungen in Europa verabredet, dass Flüchtlinge immer in dem Land Asyl beantragen und bleiben müssen, in dem sie die Europäische Union (EU) betreten. Diese Regel finden einige Leute schon lange schlecht. Denn in Ländern wie Italien, das am Rand der EU liegt, kamen ja viel mehr Flüchtlinge an als zum Beispiel in Deutschland. Deshalb haben sich immer mehr Länder nicht mehr an die Verabredung gehalten. Sie haben die Flüchtlinge weitergeschickt. Normalerweise ist es so: Wer nach Europa kommt, wird nur einmal kontrolliert, ob er eine Genehmigung zur Einreise hat. Da jetzt aber viele Menschen nicht mehr in dem Land kontrolliert werden, in dem sie ankommen, funktioniert das nicht mehr. Deshalb werden Reisende zurzeit an der Grenze kontrolliert und - wenn sie Flüchtlinge sind - registriert.

Was will Europa tun?

1. Viele Regierungschefs in Europa sind jetzt der Meinung, sie müssten eine neue Verabredung treffen: Flüchtlinge sollten künftig nicht mehr in einem bestimmten Land einen Asylantrag stellen, sondern in Europa. Und die europäischen Ländern sollten die Flüchtlinge dann möglichst gerecht unter sich verteilen. Darüber wird noch gestritten.

2. Die meisten Flüchtlinge aus Syrien haben bisher in den Nachbarländern ihrer Heimat Zuflucht gesucht - etwa in der Türkei. Diese Länder will Europa künftig besser unterstützen.

3. Die Regierungen in Europa wollen sich jetzt auch mehr anstrengen, um etwas gegen die Ursachen der Flucht zu tun. Sie wollen gemeinsam mit den Vereinten Nationen versuchen, den Krieg in Syrien zu beenden. Sie wollen außerdem mehr Geld für Entwicklungshilfe in Afrika geben.

Was macht Deutschland?

1. Die Bundesregierung sagt, dass es Deutschland sehr gut geht. Gut genug, um vorübergehend auch sehr viele Flüchtlinge unterzubringen - und diejenigen für eine längere Zeit aufzunehmen, die schutzbedürftig sind.

2. Städte und Gemeinden, die Unterkünfte für Flüchtlinge schaffen müssen, bekommen von der Bundesregierung viel mehr Geld als bisher.

3. Die Flüchtlinge sollen schneller gerecht auf die Bundesländer verteilt werden. Dafür soll das Amt von Bundeskanzlerin Merkel sorgen.

4. Flüchtlinge, die ziemlich sicher bleiben dürfen, sollen früher Sprachkurse besuchen und eine Ausbildung beginnen können.

5. Deutschland will schneller prüfen, ob ein Flüchtling bleiben darf. Es werden mehr Leute eingestellt, die Asylanträge bearbeiten.

6. Wer nicht bleiben darf, soll möglichst gar nicht kommen. Viele Menschen wissen nicht, dass sie Asyl nur dann bekommen, wenn sie als verfolgt gelten. Deshalb versucht die deutsche Regierung, die Menschen in sicheren, aber armen Ländern darüber zu informieren. Mit Erfolg. Es kommen bereits weniger Flüchtlinge aus solchen Ländern. Manche Politiker fordern: Für Menschen aus armen Ländern sollen andere Möglichkeiten geschaffen werden, nach Deutschland zu kommen. Zum Beispiel eine Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis für einige Monate.

© SZ vom 10.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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