Fahrradtrends:Die kleinen Unterschiede

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Swarovski-Steine am Lenker, Fixies mit getarnter Gangschaltung und fette Mountainbikes: Auf dem Radlmarkt tut sich so einiges.

Michael Ruhland

Oft sind es Details, die über persönliches Glück oder Unglück entscheiden. Wer sich auf seinem Fahrrad gerade eine nicht enden wollende Passstraße ertreten hat und die Heldentat samt Panorama auf die Digitalkamera bannen will, dem kann ein leerer Akku schon mal das Gipfelerlebnis vermiesen - und das, wo doch dort der eigene Akku wieder Kraft tanken sollte.

Man kann nur mutmaßen, ob sich ein Tüftler nach solch einem traumatischen Erlebnis in seiner Werkstatt eingeschlossen hat - jedenfalls können sich nun alle, die ein Rad mit Nabendynamo besitzen, mit einem kleinen E-Werk (139 Euro, Busch und Müller, www.bumm.de) unabhängig von jeder Steckdose machen. Das Gerät speist den vom Dynamo erzeugten Strom schon beim gemütlichen Radeln in Handy, Kamera oder GPS-Gerät ein. Spannung und Stromstärke sind einstellbar - und der Saft geht erst aus, wenn der eigene aufgebraucht ist.

Apropos Saft: Wir bleiben erst einmal in der Welt der männlichen Pedaltreter und beim Klischee: Reduktion auf das Wesentliche, Rückbesinnung auf das Gespür für die eigene Leistungsfähigkeit: Das sind die Argumente der Fangruppe der Singlespeed-Räder. Puristen verzichten sogar auf den Freilauf. Will heißen: Sie treten mit ihren Fixies stoisch in die Pedale, sei es mit 4,5 Kilometer pro Stunde auf den Kesselberg-Serpentinen und gefühlt einer Umdrehung pro halber Minute oder bei 65 Sachen vom Spitzingsattel herunter und mindestens zehn Umdrehungen pro Sekunde.

Den Posern unter den Fixie-Fans sei gesagt: Es gibt etwas Neues, sehr Stylisches auf dem Markt, was nach Ein-Gang-Optik aussieht, technisch aber mit einer Dreigangnabe ausgestattet ist. Darauf deutet nur der kleine Schalthebel am fast waagrechten Zeitfahrlenker hin. Im Vorüberfahren wird das kaum einem Passanten auffallen, dafür aber das Gold an Speichen und Naben, die goldene Kette - ja, selbst die Reifen sind beim Felt Gridloc (999 Euro, 9,3 Kilo, www.sportimport.de) in Gold gehalten und ergeben mit dem roten Rahmen eine ziemlich beeindruckende Kombination.

Der Radler muss zwar wie beim Fixie ständig die Beine kreisen lassen. Plötzliche Muskelkrämpfe - Folge der Diskrepanz zwischen Leistungswillen und tatsächlichem Fitnesszustand - treten aber dank der Gänge seltener auf. Und wer schon mal am Berg stöhnend mit einem Wadenkrampf von Rad gefallen ist, weiß, dass das fürs Ego alles andere als förderlich ist.

Der Schweizer Hersteller MTB Cyclotech hat ein Allzweckrad mit dem passenden Namen Paris deLuxe auf den Markt gebracht (899 Euro, 11,9 Kilo, www.mtbcycletech.com), und man darf annehmen, dass er damit eher die feminine Kundschaft ansprechen will. Die Swarovski-Steine fügen sich mit den kupferfarbenen Schutzblechen und dem weiß-glänzenden Rahmen zu einem sehr ansprechenden Gesamtbild - für alle, die auffallen wollen. Dass es sich bei dem Rad um ein Mountainbike mit solider 24-Gang-Kettenschaltung und kräftigen V-Bremsen handelt, ist vielleicht auch nicht unwichtig. Doch die Optik siegt bei Paris deLuxe über die Funktion.

Was dem einen die Show, ist dem anderen die Zurückhaltung: Erblickt der Unkundige das schwarzgrau lackierte Winora Kairo (1799 Euro, 12,5 Kilo, www.winora.de), fällt ihm auf, dass es für einen Renner recht kompakt gebaut ist - wenn er den Blick ob der unauffälligen Erscheinung nicht gleich wieder abwendet. Das ist dem Fahrer wahrscheinlich gerade recht, er genießt im Stillen. Das Crossbike ist technisch hochgerüstet, die Rohloff-14-Gang-Getriebenabe vom Feinsten. Präzise, geräuschlos, zuverlässig. Wenn es über wurzelige Waldwege geht, zeigt das Winora, was sein Alurahmen und die Federgabel leisten können.

Wer gerne und schnell im Gelände unterwegs ist, kennt den Schweinfurter Hersteller Haibike. Mit seiner neuen Kreation, dem voll gefederten Modell Sleek mit Karbonrahmen (ab 2999 Euro, 9,1 Kilo, www.haibike.de) ist den fränkischen Konstrukteuren ein ziemlich großer Wurf gelungen. Das Race-Fully, wie der MTB-Kenner sagt, erhielt den Eurobike- und den if-Design-Award und wurde von der Zeitschrift Mountain Bike (2/10) als leichtestes und steifstes Rad im Test ausgezeichnet. Ist der Kenner auch noch Könner, kann er mit dem Sleek bei Rennen Trophäen sammeln.

Bis zum Profi ist es bekanntlich ein langer Weg. Aber was tun, um den Nachwuchs ans Radeln heranzuführen, ohne dafür ein Vermögen auszugeben? Der Hersteller Puky bietet mit dem Crusader (399 Euro, www.puky.de) ein Kinderfahrrad an, das Eltern und Nachwuchs glücklich macht - ein gelungener Kompromiss zwischen kindlichem Wunsch und elterlicher Vernunft. Es ist mit seiner 24-Gang-Kettenschaltung von Sram und der griffigen Bereifung fürs Gelände geeignet, aber auch für die Straße ausgestattet. Schutzbleche und Gepäckträger lassen sich abmontieren. So wird aus dem Stadtrad im Nu ein Mountainbike ohne Ballast. Es kommt eben auf die Details an.

© SZ vom 23.03.2010/leja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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