Aktuell:Unter Druck

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Mittelitalien kommt nicht zur Ruhe. Erneut gab es dort heftige Erdbeben. Städte sind zerstört. Menschen können nicht mehr nach Hause. Und bald wird es Winter. Was wird aus den vielen Menschen?

Von Andrea Bachstein

Die Lampe an der Decke schwingt hin und her, Schranktüren schlagen, das Bett wackelt, das ganze Zimmer. Sonntagmorgen, 7.40 Uhr. Unheimlich fühlt sich das an. Man weiß in derselben Sekunde: das kann nur ein Erdbeben sein. Ewig scheint es zu dauern, dabei sind es nur 20, 30 Sekunden. Es kommt schon mal vor in Italiens Hauptstadt Rom, dass man ein Zittern der Erde spürt. Sie bebt ziemlich häufig in den bergigen Regionen östlich von Rom, ziemlich genau in der Mitte des italienischen Stiefels.

Dieses Mal ist klar: Irgendwo hat es ein richtig starkes Erdbeben gegeben. So war es auch: Forscher, die mit ihren Messgeräten noch die kleinsten Beben feststellen können, meldeten schnell: Jenes am Sonntagmorgen hatte die Stärke von 6,6 - so heftig war seit fast 40 Jahren keines mehr gewesen in Italien. Die Stelle, wo die unterirdische Bewegung am stärksten ist - das Epizentrum - lag etwa 110 Kilometer Luftlinie von Rom entfernt. Drei Regionen, Umbrien, die Marken und die Region Latium - zu der auch Rom gehört - sind seit dem Sommer wieder und wieder erschüttert worden. Ein paar Tausend Nachbeben hat es gegeben. Das sei nicht ungewöhnlich, sagen Forscher. Es könnte Jahre dauern, bis sich die Erde wieder beruhigt. Zehn, zwanzig Kilometer unter der Oberfläche ist in Mittelitalien einiges in Bewegung geraten: Dort ziehen, drücken und zerren Erdplatten gegeneinander. Der ganze Boden stehe unter Spannung, sagen die Experten. Die Alpen werden jedes Jahr ein Stückchen höher, weil sie immer mehr zusammengeschoben werden.

Und für die Menschen in Italien hört die Angst nicht auf, dass alles um sie einstürzt.

Bei den Beben der vergangenen Monate haben Zehntausende Menschen ihr Zuhause verloren, viele leben in großen Zelten, die Helfer aufgestellt haben, in Turnhallen oder Campingbussen. Einige haben ihre Häuser auch verlassen, weil sie fürchten, dass diese weiteren Nachbeben nicht standhalten können.

Ein paar Krankenhäuser und die Schulen sind geschlossen. Keiner weiß, ob sie stabil und sicher sind. Die italienische Regierung hat versprochen, in den nächsten Wochen Container zur Verfügung zu stellen und die zerstörten Städte wieder aufzubauen. Menschen werden vorübergehend in Hotels an der Adriaküste untergebracht.

Denn da ist noch ein Problem: bald wird es kalt in den Bergen Mittelitaliens. Der Winter kann hier so streng sein wie in Süddeutschland. Zelten geht dann nicht mehr. Alle hoffen, dass bis dahin die Erde wieder zur Ruhe gekommen ist.

© SZ vom 05.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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