Zum Tod von Al Jarreau:Die Ein-Mann-Bigband

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Der großartige Musiker Al Jarreau ist gestorben. Er scherte sich nicht darum, Klänge in Pop, Jazz oder Rock zu unterteilen - gerade das war so befreiend.

Von Gerhard Matzig

Um ihn wirklich zu hören, musste man ihn mindestens auch sehen. Zum Beispiel wie er auf der Bühne in Hamburg, in den frühen Neunzigern war das, am Mikrofon steht und seinen Körper dem Wellenschlag der eigenen Musik anvertraut, als würde er auf den Noten surfen. Wie er ihn zu einer quecksilbrig beweglichen Stimmgabel verbiegt. Oder wie er seine Augen zukneift und so lange die Stirn darüber zerrunzelt und die Backen darunter zerfurcht, bis die Grenzen des physiognomisch Machbaren überschritten sind. Oder wie er das Mikrofon knetet, wie er es anfingert, betatscht, bedrängt und modelliert, als formte er sich daraus in einem erotomanisch-musikalischen Delirium ein einzigartiges Musikgeschöpf. Daraus - und natürlich aus seiner unfassbaren Stimme, die alles konnte, was zwischen sechs Oktaven zum Hören erschaffen ist.

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