Zukunft des Kinos:Ein Apfel in Hollywood

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Nun also auch Apple ... Das Unternehmen will ins Filmgeschäft einsteigen, sich neben Netflix oder Amazon platzieren. Und Hollywoods Kino den Dampf ablassen.

Von David Steinitz

In Hollywood wurde diese Woche heiß diskutiert, ob es nun tatsächlich so weit sein könnte: Will die Firma Apple ins Filmgeschäft einsteigen? Laut Variety befindet sich das Unternehmen bereits in Gesprächen mit Produzenten, um nicht mehr nur eingekaufte Serien und Spielfilme in seinem iTunes-Store anzubieten, sondern auch eigene Inhalte. Nach dem Start von Apple Music vor einigen Wochen wäre dieser Schritt nur konsequent. Denn es ist kaum anzunehmen, dass ausgerechnet der Unterhaltungsgigant Apple, der mit seinen Produkten die Popkultur des 21. Jahrhunderts maßgeblich geprägt hat, die Zukunft des Films allein Streaming-Portalen wie Netflix, Hulu oder Amazon überlassen wird. Was aber würde ein solcher Schritt für das traditionelle Filmgeschäft bedeuten?

In Hollywood betrachten die Bosse der großen Filmstudios jede Meldung über einen neuen Online-Konkurrenten mit gemischten Gefühlen. Einerseits haben die alteingesessenen Filmproduzenten große Angst. Den alten Hollywood-Platzhirschen bereiten deshalb oft schon rein symbolische Schritte der jungen Konkurrenz große Sorgen. Ein Beispiel: In dieser Woche verkündeten die Netflix-Chefs sehr selbstbewusst, mit ihrer Firma bis 2017 auf ein riesiges, 200 000 Quadratmeter großes Bürogelände mitten in Hollywood umziehen zu wollen. Bislang sitzt der Video-on-Demand-Dienst noch mit Außenseiter-Abstand neben den alten Riesen in Los Gatos.

Andererseits könnten gerade jene traditionsreichen Studios, die durch das Aufkommen von Netflix & Co. oft schon zu vom Aussterben bedrohten Dinosauriern abgestempelt wurden, davon profitieren, wenn ein weiterer Player wie Apple ins Spiel kommt. Denn so viele preisgekrönte Eigenproduktionen die Neukonkurrenten haben mögen - bislang kommen sie nicht ohne den gewaltigen Filmpool aus, den Hollywood in seinen Archiven lagert. Sprich: Zwischen Netflix, Amazon und Hulu tobt ein Kampf um sündhaft teure Rechtepakete an den verlockendsten Blockbustern und Klassikern - und jeder neue Mitbewerber treibt die Preise und damit den Profit nach oben.

Dieselbe Preisspirale gilt natürlich auch für den Bereich der Eigenproduktionen. Während die Studios schon länger in einem Blockbuster-Teufelskreis gefangen sind, der sie zwingt, immer mehr Geld für wilde Spektakel auszugeben, um in der großen Flut von Event-Filmen herauszustechen, galt für die Streaming-Portale bislang: kleine Budgets bei großer künstlerischer Freiheit. Doch mit jedem neuen Mitstreiter wird der Wettbewerb um die besten Talente und Newcomer erbitterter. Apple soll laut Variety bereits mit einer Headhunting-Firma arbeiten. Auch das Google-Tochterunternehmen Youtube wirbt kräftig um kluge Programmmacher. Und Netflix hat soeben eine sogenannte "Award Season"-Expertin eingestellt, die den ersten Spielfilm der Firma erfolgreich durch die nun beginnende Filmpreis-Saison lotsen soll. Das Drama "Beasts of No Nation" hatte diese Woche Premiere auf dem Filmfestival von Venedig. Ziel der Reise dieser Netflix-Produktion soll natürlich der heilige Ort des alten Kinobetriebs sein: die Oscar-Verleihung im Februar 2016.

© SZ vom 05.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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