Zeitzeuge der Nachkriegszeit:Historiker Wolfgang Leonhard gestorben

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Erst überzeugter Kommunist, dann kenntnisreicher Sowjetkritiker: Wolfgang Leonhard war dabei, als in Deutschland Geschichte geschrieben wurde. Jetzt ist der Historiker im Alter von 93 Jahren gestorben.

  • Der Historiker und Russlandexperte Wolfgang Leonhard ist in der Eifel gestorben.
  • Leonhard lebte jahrelang in Moskau, war Mitglied der "Gruppe Ulbricht" und gilt als einer der größten deutschen Sowjetexperten.

Zeitzeuge Leonhard stirbt im Alter von 93 Jahren

Der Historiker und Russlandexperte Wolfgang Leonhard ist tot. Er starb im Alter von 93 Jahren nach schwerer Krankheit in einem Krankenhaus in Daun in der Eifel. Das teilte seine Frau Elke Leonhard mit. Ein Termin für die Gedenkfeier werde später festgelegt, um Kollegen und einstigen Studenten die Teilnahme zu ermöglichen. Leonhard hatte 21 Jahre lang bis 1987 als Professor an der US-Eliteuniversität Yale über die Sowjetunion und den Kommunismus gelehrt.

Intimer Kenner der deutschen Kommunisten

Leonhard war der letzte noch lebende Zeitzeuge aus dem innersten Führungskreis der deutschen Kommunisten, der nach 1945 die Gründung der DDR vorbereitete. Leonhard war 1945 als Mitglied der "Gruppe Ulbricht" - so benannt nach dem späteren DDR-Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht - aus Moskau nach Deutschland zurückgekehrt. In Wien geboren, war er 1935 mit seiner vom Kommunismus begeisterten Mutter in die UdSSR geflohen und später zum Führungskader ausgebildet worden.

Flucht in die BRD

In der sowjetischen Besatzungszone wuchs Leonhards Gegnerschaft zum Stalinismus. Seine Wandlung zum Sowjetkritiker beschrieb er 1955 in dem Bestseller "Die Revolution entlässt ihre Kinder". 1949 floh er nach Jugoslawien und wenig später in die Bundesrepublik. Als ausgewiesener Sowjetexperte und wichtiger Zeitzeuge war Leonhard bis ins hohe Alter sehr gefragt. Seine letzten Jahre verbrachte er vor allem in seinem Haus im Eifelstädtchen Manderscheid - umgeben von mehr als 6000 Büchern über die UdSSR und die DDR.

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