Wohnkultur:Sofa

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(Foto: imago/United Archives)

Eichenschränke, Tafelservice, Großteppich, alles längst verschwunden aus den deutschen Wohnzimmern, nur eines ist bis heute geblieben und beliebt wie eh und je: das gemütliche Sofa. Aus gutem Grund.

Von Gerhard Matzig

Man weiß nicht, was früher verschwunden ist, das Porzellan-Service von der Oma oder der Eiche-rustikal-Wohnzimmerschrank, worin es in Frieden ruhte. Jedenfalls sind dem deutschen Wohnzimmer allmählich die Hauptdarsteller abhandengekommen.

Aus dem Kamin wurde, was man als echten Burn-out begreifen muss, wahlweise ein Bioethanol-Ofen zur Wandmontage oder das Tchibo-Kaminfeuer-Bild in 3-D. Dann hat sich auch das Buchregal vom Teppich gemacht, zusammen mit der Brockhaus-Enzyklopädie mit Goldprägung auf der einen Seite und den 68er-Aufwühlbüchern von Bukowski bis Adorno auf der anderen Seite. Schließlich sind auch die DVD-Sammlung und der CD-Turm stiften gegangen, dem Dual-Plattenspieler folgend, und aus der früher wie in religiöser Verzückung in Altarform organisierten Fernsehtruhe wurde ein Plasmabildschirm. Und zwar eher in der Edel-Wohnküche oder im neuen Erlebnis-Wellnessbad. Mit dem Wohnzimmer ging's bergab.

Ganz folgerichtig hat vor einiger Zeit die Firma Klafs eine Sauna als Wohnzimmermöbel erfunden. Das Modell "S1" ist der Form nach ein 60 Zentimeter tiefer Wandschrank, der sich aber - vergleichbar dem Zoomobjektiv einer Kamera - auf anderthalb Meter Tiefe ausfahren lässt. S1 gibt es in White Satin, Nussbaum, Zirbelkiefer und Eiche. Nicht allerdings in Eiche rustikal. Das schien eigentlich der Tiefpunkt im langsamen Sterben des deutschen Wohnzimmers zu sein: Der Wohnzimmerschrank ist zu jener Latschenkiefer-Sauna geworden, die man früher im Keller versteckt hat.

Doch Totgesagte leben länger, weshalb nun eine Studie des Meinungsforschungsinstituts Forsa (im Auftrag von Ikea) zu diesem verblüffenden Ergebnis kommt: Das Wohnzimmer ist noch immer der "größte, liebste und meistgenutzte Ort" der Deutschen. Für 63 Prozent ist es der "Lieblingsraum". Zu den Gründen zählt auch das Sofa. 69 Prozent der Befragten finden eine bequeme Couch sogar wichtiger als den Internetanschluss. Anerkennend ist zu sagen: Der Deutsche auf seinem Sofa und in seinem Wohnzimmer, das ist die letzte Bastion im heroischen Kampf gegen die Finsternis.

© SZ vom 19.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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