Wiederbelebungspläne:Die Rettung

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Hier gehen Erinnerung und Gegenwart von selber Hand in Hand - Thomas Mann 1941 mit seiner Frau Katia und den Enkeln Fredo und Tonio in seinem Exil. (Foto: AP)

Im vergangenen Jahr drohten dem Haus Verkauf und Abriss. Nun wird es zu einem Ort des transatlantischen Dialoges umgebaut.

Von Andrian Kreye

Die Aufregung war groß, als im vergangenen Juli bekannt wurde, dass Thomas Manns Haus in Los Angeles nicht nur zum Verkauf stand. Die Anzeige des Maklers war eindeutig. Man könne die modernistische Fünf-Zimmer-Villa auch abreißen und ein neues Gebäude errichten. Bei einem Kaufpreis von knapp 15 Millionen Dollar wäre das für einen amerikanischen Käufer kein abwegiger Gedanke. 500 Quadratmeter altertümliche Wohnfläche sind in dieser Preislage nicht besonders attraktiv.

Die Makler wollten verhindern, dass man in Deutschland vom Verkauf erfährt. Nach einem Artikel in der Süddeutschen Zeitung wurde ein "open house"-Termin eilig abgesagt. Hinter den Kulissen aber verhandelte längst das Außenministerium im Auftrag des damaligen Außenministers Frank-Walter Steinmeier.

Am 16. November war es so weit. Die Makler bestätigten, dass die deutsche Regierung das Gebäude gekauft habe. Es war vielleicht Zufall, aber von hohem Symbolwert, dass der Kauf genau eine Woche nach dem Wahlsieg Donald Trumps bekannt wurde. Steinmeier sagte: "Thomas Manns Haus war so etwas wie das ,Weiße Haus des Exils'. Hier war die Heimat für viele Deutsche, die gemeinsam für eine bessere Zukunft unseres Landes gestritten, um die Wege zu einer offenen Gesellschaft gerungen und ein gemeinsames transatlantisches Wertefundament erarbeitet haben. In diesem Geist wollen wir die Thomas-Mann-Villa wiederbeleben und hier die transatlantische Verständigung fördern."

Bis zum Herbst soll das Haus renoviert werden. Dann sollen bald erste Stipendiaten nach Los Angeles entsandt werden. Das Programm soll sich allerdings deutlich von dem der nahen Villa Aurora unterscheiden, auch wenn deren Stiftung die Leitung des Thomas-Mann-Hauses übernehmen wird. Am San Remo Drive ist eine Begegnungsstätte geplant, die den transatlantischen Dialog fördert. Für die auswärtige Kulturpolitik Deutschlands ist das eine große Chance. Entlang der Westküste hat sich in den vergangenen zwanzig Jahren ein intellektueller Korridor entwickelt, der von Vancouver bis San Diego reicht.

Für Frank-Walter Steinmeier ist das Haus ein Abschiedsgeschenk. Sein Nachfolger Sigmar Gabriel nimmt das sehr ernst: "Die Welt ist in einer Umbruchphase. Gerade die letzten Wochen haben sehr deutlich gezeigt, dass die transatlantische Partnerschaft kein Selbstläufer mehr ist. Umso wichtiger ist es deshalb, dass wir den engen Austausch mit den USA zu den uns bewegenden Themen ausbauen, auch und gerade mit den Mitteln der auswärtigen Kulturpolitik. Mit dem Thomas-Mann-Haus haben wir künftig einen idealen Ort, um im Geiste Thomas Manns wieder mehr den Blick füreinander zu schärfen, gemeinsam mit unseren amerikanischen Partnern die großen Fragen unserer Zeit zu erarbeiten und das Fundament für gemeinsame Lösungen zu finden."

© SZ vom 01.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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