Vorschlag-Hammer:Vorher oder nachher?

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Ein satter Konzertbesucher kämpft mit plötzlicher Müdigkeit und Erschlaffung der Konzentration, das Post-festum-Essen hingegen führt oft zu Schlafstörungen

Kolumne Von Harald Eggebrecht

Eine wichtige Frage begleitet nahezu jeden Konzertbesuch: Was ist mit dem Abendessen, nimmt man es vorher ein, wenn man möglicherweise noch genug Zeit hat, oder stürzt man nach dem letzten Bravoruf zur Garderobe und eilt dann hinaus, um noch in irgendeinem Wirtshaus etwas auf den Tisch zu bekommen. Beides hat sein Für und Wider.

Der Schmaus vor dem Theater- oder Konzertbesuch stillt den Appetit, aber fördert die Verdauung und sorgt damit für zeitweilige Blutarmut im Hirn - während der Aufführung. Also kämpft der satte Besucher mit plötzlicher Müdigkeit, Erschlaffung der Konzentration und auch mit unliebsam lauten Bauchgeräuschen ausgerechnet an den zartesten Pianissimostellen des ersten Stücks. Die Blicke der um einen Herumsitzenden können mehr als missbilligend sein. Darüberhinaus hält nicht selten die Verarbeitung des Abendessens mit begleitendem Ruhebedürfnis leider bis zur Pause an.

Das Post-festum-Essen andrerseits eignet sich wunderbar dazu, Begeisterung endgültig in Champagnerlaune zu verwandeln oder Enttäuschung hinunter zu schlucken und hinunter zu spülen und so seinen Frieden wieder zu finden. Allerdings folgen diesen ob Euphorie spendenden oder Verdruss abbauenden Nachtmahlen oft Schlafstörungen eben durch zu spätes Essen und zu viel Alkohol.

Damit nicht genug: Zieht es die vor dem Ereignis gesättigten Besucher nach gelungenem Abend noch in eine Bar zum Absacker, so bedrängen sie dort unter Umständen Unbilden ganz anderer Art. Stolz fummelt ein vermeintlicher DJ an den Reglern und mischt in die angenehmen Nachgespräche über Musik und Musiker oder Stück und Schauspieler kräftig hackendes Schlagzeug und darmerschütternde Bässe ein. Nein, er verdirbt mutwillig jeden differenzierenden Gedanken mit seinem Gepolter und Gegrunze. Nun müssen sich die Gesprächspartner anschreien, um einander zu verstehen. War die Bar nicht einmal ein Ort des eleganten, aufeinander eingehenden, um nicht zu sagen, gar intimen Gesprächs, bei dem leise ein Pianist vor sich hin spielte oder aus dem Lautsprecher unaggressive Unterhaltungsmusik summte? Ach, Alter, hör doch auf!

Also auf ins Konzert: Zum Beispiel am Sonntag (17. Juni) zur vielseitigen Mezzosopranistin Joyce DiDonato im Gasteig. Oder am Montag (18. Juni) in die Allerheiligenhofkirche zum Pianisten Charles Richard-Hamelin. Er stammt auch aus Kanada wie der legendäre Marc André Hamelin, doch die beiden sind weder verwandt noch verschwägert. Am Donnerstag (21. Juni) dirigiert François-Xavier Roth die Philharmoniker. Und am Freitag (22. Juni) tritt im Nymphenburger Hubertussaal eines der absolut weltbesten Streichquartette auf: Das Schumann Quartett, das niemand versäumen sollte!

© SZ vom 16.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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