Vorschlag-Hammer:Mythos Journalist

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Auch wenn man sich jenseits der Redaktion das Journalistenleben immer recht lustig vorstellt, sieht die Wirklichkeit doch anders aus. Meistens jedenfalls

Von Karl Forster

Man stellt sich das Leben des Journalisten, auch der -in, jenseits der Redaktionen immer recht lustig vor. Zwar sind wir in den einschlägigen TV-Werken wie "Tatort" und ähnlichem meist korrupte, der Polizei Böses wollende Schmuddeltypen, aber oft auch mit der Attitüde behaftet, alle Frauen beziehungsweise Männer ins Bett zu kriegen, sich hauptsächlich von Brunello Jahrgang 2006 zu ernähren, erst gegen Mittag aufzustehen und trotzdem alle Storys exklusiver zu haben als die Konkurrenz. Nun ist es zwar so, dass schon eine Flasche Brunello dieses Jahres unser Nettoeinkommen empfindlich schmälerte, würde man sie sich leisten. Und auch das mit dem mittags aufstehen gelingt, schon wegen der allseits beliebten werktäglichen Wichtigkonferenzen, nur am Wochenende. Aber ja! Spannend ist das Leben schon ab und an.

So auch vergangene Woche. Es galt, ein großes Interview mit der großen Sängerin Brigitte Fassbaender so zu bebildern, dass auch der Nichtopernfan merkt: Aha, das ist eine ganz Große! Das Bild, Fassbaender als Octavian im legendären Münchner "Rosenkavalier" von Otto Schenk, Premiere 1972, war schnell auf Google gefunden, doch leider nicht in druckbarer Auflösung. Viel telefonieren, viel mailen, nach Stunden war klar: Das Original ist im Münchner Theatermuseum an der Galeriestraße zu finden. Nun assoziiert man mit dem Wort Theatermuseum gern verschnarchte Museumswärter, die auf dunklen, stickigen Dachböden in vergammelten Kartons nach dem Bild Fassbaender/Octavian kramen und ins Telefon krächzen: "Ich schicke es ihnen in einem Monat." Von wegen: Eine putzmuntere Babette Angelaeas meldete sich nach dem zweiten Klingeln, fand nach einer Minute das gewünschte Bild, sagte, sie werde es mailen, und die Sache war erledigt. Der Laie ahnt nicht, welch ein Abenteuer da gerade glücklich zu Ende gegangen war. Vielen Dank!

Der Schenksche "Rosenkavalier" findet sich übrigens heute noch im Repertoire der Staatsoper. Zwei Jahre nach dessen Premiere öffnete eine andere, ebenfalls zur Institution gewordene Münchner Spezialität: das Fraunhofer in der gleichnamigen Straße. Derzeit feiert man in dem Theaterkinowirtshaus Jubiläum: 40 Jahre ein Wirtshaus, ein Wirt, ein Programm. An diesem Samstag steht nun Sigi Zimmerschied auf der Bühne mit seinem Hochwassermonolog "Tendenz steigend". Man muss nur mal fünf Minuten in sein Gesicht schauen, dann weiß man, was Körperkunst ist. Am Montag dann zwei weitere Highlights: Helmut Schleich, der himmlischste unter Münchens Kabarettisten, und Les Derhosn, das legendäre Musikkabarettduo als eingespielter Sidekick Schleichs. Tags darauf gibt es hier das große Treffen der Guglhupfa, ein echtes Revival, denn die famose Vorreiter-Combo in Sachen Volksmusikerneuerung hat sich eigentlich 1990 schon aufgelöst. Es war damals übrigens eine journalistisch höchst abenteuerreiche Zeit. Eines der größten bestand darin, eben diese Guglhupfa-Musikanten in der Liederbühne Robinson aus dem Stand auf dem Klavier zu begleiten. Aber dazu brauchte es keinen Brunello, ein paar Halbe taten's auch.

© SZ vom 20.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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