Vorschlag-Hammer:Mit Leben erfüllt

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Es gibt längst wieder Pianisten, die Stummfilme begleiten können. Und siehe da, das reale Musizieren verlebendigt auch die Figuren auf der Leinwand

Von Harald Eggebrecht

Zu denken, dass Stummfilme stumm waren, ist so verbreitet wie falsch. Gewiss, man kann nicht hören, was geredet wird, und auch sonst tönt nichts von dem, was auf der Leinwand krachen oder quietschen könnte. Dafür gibt es Musik, die untermalt, verdeutlicht, kommentiert oder sogar ironisch verfremdet. Echte Musik, gespielt in dem Moment der Vorführung von echten Musikern. Das muss betont werden, denn gibt es nur eine hinzugefügte Tonspur, dann bleibt die Musik nur ein blasses, immer verfügbares Illustrationsmittel.

"Das Wesen der Musik ist ihr Verschwinden", hat Sergiu Celibidache gesagt, das heißt, sie erklingt in der Realität nur ein einziges Mal und so nie wieder. Jede Aufnahme dagegen ist immer nur Aufzeichnung einer vergangenen Aufführung, die beliebig oft wiederholt werden kann. Doch bleibt sie immer jene einmal stattgehabte Vergangenheit. Das gilt auch für die belebende, ja, befeuernde Wirkung des unwiederholbaren aktuellen Musizierens, mit dem lebendige Musiker die "stummen" Bilder jener alten Filme begleiten. Daher gibt es längst wieder Pianisten, die Stummfilme begleiten können. Und siehe da, das reale Musizieren verlebendigt auch die Figuren auf der Leinwand, es ist, als würden sie mit echter Vitalität erfüllt.

Das war wieder einmal zu erleben, als auf der Berlinale ein Meisterwerk des deutschen expressionistischen Kinos der frühen Zwanzigerjahre aufgeführt wurde: "Der müde Tod" von Fritz Lang, mit einer neuen Partitur von Cornelius Schwehr, in einer Gala vom Rundfunk-Symphonieorchester Berlin unter dem hochversierten Dirigenten Frank Strobel live dargeboten. Dabei blieb die Musik von Cornelius Schwehr dem raffinierten Witz, mit dem Fritz Lang seine Geschichte in drei Episoden erzählt, einiges schuldig. Aber die Musiker gaben ihr Bestes, ihre Energie übertrug sich trotz der keineswegs idealen Musik unmittelbar auf die Leinwand. Das heißt, wer Musik erleben will, muss schon dabei sein, wenn gespielt wird.

Also auf zu den Philharmonikern in den Gasteig (22. und 23. Februar), wenn der hoch talentierte spanische Dirigent Gustavo Gimeno und der Cellist Julian Steckel Robert Schumanns Cellokonzert bieten. Oder zum Jungstar Chad Hoopes bei den Symphonikern unter Kevin John Edusei mit dem Violinkonzert von John Adams im Herkulessaal (24. Februar).

© SZ vom 20.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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