Vorschlag-Hammer:Durchtönen

Ernst Bloch hatte die Idee, den Musiker als "Persona" zu beschreiben, eine Art aktives Medium. Solche Künstler aber sind selten geworden

Von Harald Eggebrecht

Der Philosoph Ernst Bloch hat davon gesprochen, dass der Musiker "Persona" sei, wörtlich aus dem Lateinischen übersetzt also jemand, durch den es "hindurchtönen" müsse beim Musizieren. Es ist die Idee von einer Art aktivem Medium, nicht von einem Geschöpf in passiv-willenlosen Zustand, das puppenartig einem Halluzinator gehorcht. Der Musiker muss im Gegenteil hochbewusst sein, wenn er dirigiert, geigt, singt, denn er soll dem Werk, der Realisierung dessen, was der Komponist gewollt hat, dienen.

"Personae" im Bloch'schen Sinne sind selten. Meist fallen einem Dirigentennamen wie Wilhelm Furtwängler, Leonard Bernstein, Sergiu Celibidache oder bei Geigern David Oistrach, Yehudi Menuhin oder Gidon Kremer ein, man denkt an Pianisten wie Arturo Benedetti Michelangeli, Vladimir Horowitz oder Swjatoslaw Richter, an Cellisten wie Pablo Casals, Emanuel Feuermann, János Starker oder Mstislaw Rostropowitsch. Sie alle versetzten sich und ihr Publikum in jenen Zustand, in dem das jeweilige Werk hindurchtönen kann und alle erreicht.

Unter denen, die dergleichen in der Gegenwart verwirklichen wollen und auch können, ist der Sänger Julian Prégardien. Im Prinzregententheater (21. November) singt er biblische Szenen aus Oratorien von Georg Friedrich Händel. Tags drauf bietet Julia Fischer, wahrlich eine "Persona", im Gasteig mit den Dresdner Philharmonikern unter Michael Sanderling ein leider selten gespieltes, von Wehmut und Feuer durchströmtes Stück: Aram Chatschaturjans Violinkonzert.

© SZ vom 19.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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