Von SZ-Autoren:Baumarkt-Pop

Eine versteckte Ästhetik des kulturellen Widerstands haben SZ-Autor Karl Bruckmaier und Fotograf Wilfried Petzi entdeckt, vor der Haustür der Metropolen, in der bayerischen Provinz: im Landkreis Rottal-Inn, aus dem sie beide kommen.

Den Musikkritiker, Regisseur und Nachtmix-DJ Karl Bruckmaier und den Fotografen Wilfried Petzi verbindet neben der Liebe zu Pop auch noch die gemeinsame Herkunft aus dem Landkreis Rottal-Inn. Dorthin sind die beiden nun zurückgekehrt, um für die neu geschaffene Edition Kursbuch nach einer ganz besonderen, in der Provinz verborgenen Ästhetik des kulturellen Widerstands zu fahnden: Dort hat sich nach Ansicht der Autoren in den letzten Jahrzehnten quasi vor der Haustür der Metropolen eine Art kultureller Emanzipation von den Geschmacks- und Qualitätskriterien der urbanen Eliten vollzogen, die neben provinziellem Mief auch eine ganz eigene Widerspenstigkeit ausstrahlt, welche sich der zunehmenden Domestizierung durch Tourismus und dem allgegenwärtigen Nützlichkeitsgedanken widersetzt. In seinen Texten zieht Bruckmaier Parallelen zur Entstehungsgeschichte der Popmusik, um die intrinsische Kraft bloßzulegen, mit der sich hier die Menschen in der Provinz - und keineswegs nur in Niederbayern - ein Stück vom Glück erobern. Wilfried Petzis Bilder werfen nüchtern ihr Schlaglicht auf dieses Phänomen des Baumarkt-Pop, eine art brut, die es erst zu entdecken und erkunden gilt.

Karl Bruckmaier, Wilfried Petzi: OBI oder das Streben nach Glück. Eine Baumaterialsammlung. Murmann Verlag, Hamburg 2016. 136 Seiten, 30 Euro.

© SZ vom 26.09.2016 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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