Virtual Reality:Im Schatten der Spiele

Die SZ erzählt von heute an ausgewählte Geschichten in Virtual Reality und als 360-Grad-Videos. Den Auftakt macht eine Reportage aus den Armutsvierteln der Olympiastadt Rio de Janeiro.

Von Fabian Heckenberger

Das Polizeiauto fährt in eine Favela von Rio de Janeiro, rechts eine Mauer, besprüht mit Graffito. Links stehen Beamte mit Maschinengewehren über der Schulter. Sie sollen vor den Olympischen Spielen das Viertel sichern. Der Zuschauer fährt mit auf dem Dienstwagen. Er kann sich umschauen in alle Richtungen: Vor ihm die Straßenpatrouille, daneben Menschen, die Einkäufe in ihre Hütten tragen. Hinter ihm das Blaulicht auf dem Autodach. Aus der Fahrerkabine knistert der Polizeifunk.

Vor den Olympischen Spielen in Brasiliens Hauptstadt, die am 5. August beginnen, erzählt die Süddeutsche Zeitung zum ersten Mal eine Reportage in Virtual Reality. Der Titel: Im Schatten der Spiele. Sechs Menschen aus sechs Favelas, Rios Armutsvierteln, berichten aus ihrem Alltag, der auf die eine oder andere Weise mit Olympia verwoben ist. Der Polizist Daniel Teixeira soll zusammen mit der so genannten Friedens-Polizei UPP die Sicherheit in einer Favela gewährleisten. Maria da Penhas Haus wurde abgerissen, weil das Viertel, in dem ihre Familie wohnt, vor den Spielen platt gewalzt wurde. Und Bob Nadkarni fürchtet um seinen Jazzclub in einer Favela über der Copacabana, weil die Immobilienpreise wegen der Sommerspiele in die Höhe schießen. Der Zuschauer sitzt neben ihm auf der Terrasse der Bar, blickt wahlweise hinüber zum Zuckerhut, hinein in den Club, wo gerade eine Band spielt, oder hinüber zu Bob Nadkarni, dem alten Mann, der seine Geschichte erzählt.

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Richtig eingesetzt zieht die digitale Technologie namens Virtual Reality (VR) den Zuschauer mitten hinein in die Handlung einer Geschichte, nimmt ihn mit an den Ort des Geschehens. Wer eine so genannte VR-Brille trägt, kann sich im dreidimensionalen Raum umschauen, die Perspektive verändern, befindet sich gefühlt mitten in Rio de Janeiro. Wer die Geschichte am PC, auf einem Tablet oder einem Smartphone betrachtet, kann die Perspektive des 360-Grad-Videos per Mausklick oder über Bewegungen des Geräts steuern.

Der Zuschauer ist integriert in eine virtuelle Erzählung, die die Realität der Protagonisten abbildet. VR ist übrigens nicht mit der so genannten Augmented Reality zu verwechseln, auf der etwa das Smartphone-Spiel "Pokémon Go" basiert. Dabei wird nicht eine komplette virtuelle Welt erschaffen, sondern Teile der echten Welt auf dem Bildschirm durch programmierte Elemente, eben zum Beispiel Pokémons, ergänzt. Der SZ-Video-Redakteur Lukas Ondreka hat zusammen mit Boris Herrmann, dem Südamerika-Korrespondenten der SZ, diese sechs Menschen in Rio eine Woche lang durch ihren Alltag begleitet und mit speziellen 360-Grad-Kameras gefilmt. Sie haben die Menschen zu Hause oder bei der Arbeit besucht, Interviews aufgezeichnet und sich durch deren Alltag führen lassen.

SZ VR Rio Panorama

Rund um Rio: Das Portrait einer Stadt vor den Olympischen Spielen.

(Foto: Lukas Ondreka)

Zurück in München entstanden aus Dutzenden Stunden Filmmaterial mithilfe einer speziellen Schnittsoftware sechs dreidimensionale Kurzfilme. Diese Filme stehen nicht in Konkurrenz zu geschriebenen Texten, sie funktionieren für unterschiedliche Publika parallel. Virtual Reality kann für Journalisten eine zusätzliche Möglichkeit sein, spezielle Geschichten digital eindrücklich zu erzählen. Nicht mehr. Aber auch nicht weniger.

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