TV-Star Bohlen: Neues Buch:Ich, der Dieter, Superstar

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Das neue Bohlen-Büchlein "Nur die Harten kommen in den Garten" dokumentiert in aller Kürze die ganze Malaise von "Deutschland sucht den Superstar".

Johannes Aumüller

"DSDS" leidet an einem Grundproblem. Dieses Grundproblem hat das Büchlein "Nur die Harten kommen in den Garten" auf den Weg gebracht, diesmal sogar alleine und ohne Hilfe von Katja Kessler, und es grinst auch noch frech vom Cover - das Problem heißt Dieter Bohlen.

Dieter Bohlen - die besten Sprüche
:Schonungslose Selbstkritik

Nichts als die Wahrheit: Was sagt sich Dieter Bohlen heimlich vor dem Spiegel? Die Sensation: Er ist zu sich selbst genau so kritisch wie zu den Kandidaten bei "Deutschland sucht den Superstar". Ein Protokoll.

Seite für Seite wird in seinem neuen Buch klar, dass es bei "DSDS" in erster Linie um drei Leute geht: erstens um Bohlen selbst, zweitens um den Herrn, der in der Jury vom Sänger aus betrachtet ganz links sitzt. und drittens um den Musiker, der früher mal der Partner von Thomas Anders war.

Ich, Superstar

Ganz bescheiden verkündet Bohlen schon im Vorwort die Strategie, die für Sendung, Kandidaten und auch das neue Büchlein gilt: "Bei Streitfragen gibt es grundsätzlich zwei Standpunkte - nämlich meinen und den falschen." Unter ein ihm wichtiges Foto schreibt er: "Respekt vor dem Meister ist immer gut." Das Bild zeigt Rania, die ihm während des Castings einen Kuss auf die Stirn schmatzt,

Ich, Dieter, Superstar. Bohlen würde natürlich niemals konkret von sich behaupten, er sei ein Superstar (Korrektur: schreibt er in seiner Bescheidenheit auf Seite 82 des Buches natürlich doch), sondern er behauptet, er sei ein "Gärtner". Weil ja, wie der Buchtitel schon verrät, nur die "Harten in den Garten" kommen, und er allein über den Einzug in dieses Bohlen'sche Paradies entscheidet.

Ersparen wir uns die Einordnung dieses Witzes auf einer Lustigkeitsskala von eins bis zehn, sondern stellen wir fest: Bohlen ist ein verdammt schlechter Gärtner. Ein guter Gärtner pflegt sorgfältig seine Gewächse, gießt sie regelmäßig und zupft sorgfältig das Unkraut. Genauso wenig wie in der Sendung betätigt sich Bohlen auch in dem Buch als Gärtner, der pflegt, gießt und zupft - höchstens als Gärtner, der im Urwald arbeitet, mit einer Machete wild um sich schlägt und den Kandidaten gerne mal tüchtig eins überzieht.

Ganz besonders schlecht kommen natürlich diejenigen weg, die ohne jedes musikalische Talent zum Casting erscheinen. Für Liebhaber werden die unverschämtesten Bohlen-Sprüche im Buch noch einmal aufbereitet, versehen mit einer Erklärung: Seine Sprüche seien die Eingangsprüfung, wie das Fach Statistik für ein BWL-Studium. Aha, Dieter Bohlen, die neue Schule des Lebens. (Wenn es hier schon ums BWL-Studium geht, soll auch einer der wenigen vernünftigen Sätze des Büchleins nicht unerwähnt bleiben: "Bitte macht auf jeden Fall erst eure Schule zu Ende. Macht eine Lehre.")

Doch auch die mit Talent gesegneten Teilnehmer bekommen ihr Fett weg. Linda, die gerne Tina-Turner-mäßig ins Mikrofon röhrt? "Leider kommt sie manchmal etwas zickig rüber." Fady, der mit seiner Soul-Stimme überzeugen kann? "Ein mittleres Allroundtalent." Monika, die sehr solide fast nie einen Ton verfehlt? "Alles klingt so steril und kalt."

Die tägliche Dosis

Leider bleibt es nicht dabei, dass Bohlen die soliden Sänger weniger fördert als es zu wünschen wäre. Nein, er pusht auch noch diejenigen, die zwar gesangliches Mittelmaß sind, aber eine ähnlich dicke Lippe riskieren wie der schreibende Urwald-Gärtner. In grauen Vorzeiten der Sendung war das ein Herr namens Daniel Küblböck, in der laufenden Staffel ein 16-Jähriger namens Benny.

"DSDS hat diesen Benny auf jeden Fall gesucht", schreibt Bohlen - und offenbart damit das Dilemma. Denn Benny singt natürlich weit entfernt von jeglichem Superstar-Niveau, liefert aber mit seinen Sprüchen der Boulevardpresse täglich eine Dosis DSDS-News - und so mag das der Dieter anscheinend. Dies geht auch aus der "Dann-sollst-du-dich-bei-DSDS-bewerben"-Liste hervor. Auf dieser Liste erscheint übrigens auch der Punkt: "Die Leute halten dich für völlig daneben und können dich nicht verstehen. Du aber glaubst, du bist deiner Zeit weit voraus."

Es ist also nicht immer ganz eindeutig, für wen Bohlen gerade schreibt - für sich oder für die Bewerber?

Auf der Rückseite des Buches steht: "Wer nicht an sich glaubt, hat schon verloren!" Auch dies scheint einer von Bohlens persönlichen Leitsätzen zu sein, der vornehmlich an sich selbst gerichtet ist. Zumindest hat er Benny nur bis zu einem bestimmten Punkt genützt: Am vergangenen Samstag, nachdem zuvor schon die eindeutig besseren Sänger Stella, Collins und Sahra ausgeschieden waren, musste auch Benny endlich gehen.

"Der Weg zum Superstar" lautet die Unterzeile des Buches. Es fehlt die Ergänzung: "Superstar Bohlen'scher Prägung". Denn diejenigen, die sich an Bohlens Konzept gehalten haben und in den ersten vier Staffeln von "DSDS" am Ende als Sieger dastanden, sind bald in der Versenkung verschwunden. Oder erinnert sich noch jemand an einen einzigen Superstar, Mark Medlock mal ausgenommen?

Um ein richtiger Superstar zu werden, bedarf es eines anderen Gärtners als Dieter Bohlen.

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