Trump Town (VI):Was macht eigentlich Huma Abedin?

Lesezeit: 2 min

Statt ins Weiße Haus einzuziehen, muss Hillary Clintons ewige rechte Hand einen unangenehmen Besuch in Brooklyn erdulden.

Von Peter Richter

Zwei Wochen ist das jetzt her? Das heißt: Vor zwei Wochen war der nächste Präsident der USA noch ganz sicher eine Präsidentin und hieß Hillary Clinton. Das heißt auch: Vor zwei Wochen hieß Steve Bannon noch Huma Abedin und war die Tochter muslimischer Einwanderer aus Pakistan und Indien. "Hot or not" war vor zwei Wochen noch die Frage, die unter angetrunkenen Demokraten in den New Yorker Bars gestellt wurde, wenn das Gespräch auf die rechte Hand der künftigen Präsidentin kam. Die zweite Frage war, ob diese Erkundigung schon beshitstormungswürdiger Sexismus war oder ob das erst von der Antwort abhing. Probleme hatten die Leute damals, vor zwei Wochen. Man darf ja wohl annehmen, dass Abedin, die zwanzig Jahre lang die rechte Hand von Clinton war, das auch im Weißen Haus geblieben wäre. Jetzt bekommt den Job, am rechten Ohr des Präsidenten zu kleben, ein Mann, der aussieht, als hätte er für den Schlussverkauf bei "Brook's Brothers" vor dem Geschäft übernachtet, und abstreitet, ein weißer Nationalist zu sein, Nationalist reiche.

Und Abedin?

Huma Abedin ist vor ein paar Tagen noch einmal zurückgekehrt nach Brooklyn, wo das Hauptquartier der Clinton-Kampagne lag. Die Bilder der Fotografen zeigten sie heulend. Alles andere wäre noch erstaunlicher gewesen. Abedin hat ihr gesamtes Leben als Erwachsene an der Seite von Clinton verbracht, sie kam als Praktikantin ins Weiße Haus, als Hillary dort First Lady war und Bill mit Abedins Kollegin Lewinsky keinen Sex hatte, wie er das nannte. Ihre Karriere war wie die eines Putzfisches auf die ihrer Chefin bezogen. Und die gibt es jetzt nicht mehr.

Diesen Sommer, Abedin war gerade vierzig geworden, hatte sie sich schon von ihrem Mann trennen müssen. Denn der, Anthony Weiner mit Namen, ist leider ein Idiot von der Sorte, wie man sie sonst eigentlich nur in den Penis-Kolumnen findet, mit denen Maxim Biller sein Geld verdienen muss. Weiner hatte es nicht lassen können, immer wieder Fotos von seinem Gemächt in die Welt zu schicken. Da eine der Adressatinnen minderjährig war, trat das FBI auf den Plan und konfiszierte seinen Computer, auf dem auch E-Mails seiner Frau und von deren Chefin waren. Dies, nur zur Erinnerung, war der Anlass für die FBI-Ermittlungen, die Hillary Clinton nach ihrer eigenen Einschätzung auf den letzten Metern das Genick brachen. Huma Abedin weinte also, und wer nicht komplett verroht ist, musste ein bisschen mitweinen, mit ihr und um sie. Andererseits sagen die Psychologen, dass die Rückkehr zu den Orten des Geschehens essenziell ist für die Trauma-Bewältigung.

Der Korrespondent ist deshalb auch noch mal zurückgegangen zum Javits Center, wo Hillary Clinton ihren Sieg feiern wollte. Das ist ein Glaspalast beim Lincoln Tunnel, wo sonst Auto-Shows stattfinden. Es wird, hoffentlich, nicht Huma Abedins Schuld gewesen sein, aber da ausländische Journalisten keine Chance hatten, sich zu akkreditieren, hatte sich der Korrespondent als Unterstützer von Clinton angemeldet. Prompt gingen täglich Zahlungsaufforderungen ein. Schon ein Dollar könne den Unterschied machen. Dabei hieß es immer, Clinton sei bereits reich. Vor Ort, im Javits Center, wurden die Leute kommentarlos in zwei Reihen sortiert, die einen kamen rein, die anderen, die meisten, landeten hinterm Haus auf der Straße, wo sie mit einem Bildschirm abgespeist werden sollten. "That's it??", wurde gerufen. Und: "Wenn ich das gewusst hätte ..."

Der Korrespondent ging dann lieber ins mediokre Hilton Midtown, wo sich die Trump-Leute, offensichtlich der Niederlage gewiss, einen Saal gemietet hatten, der auch zur Aussegnungshalle taugt. Er hat es nicht übers Herz gebracht, den Tausenden, die ihm mit leuchtenden Gesichtern und voller Erwartung entgegenkamen, zu verraten, warum er schon wieder ging.

Die gute Nachricht ist: Anthony Weiner hat sich in Therapie begeben. Die schlechte: Das kommt leider zu spät, um die Ehe mit Huma Abedin zu retten - und die Präsidentschaft von Hillary Clinton for that matter.

© SZ vom 23.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: