Treffen mit Benjamin von Stuckrad-Barre:Von der Depression zum Bestseller

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Warum erreicht Benjamin von Stuckrad-Barre gerade so viele Menschen?

Von Cornelius Pollmer

"Panikherz" heißt das neue Buch von Benjamin von Stuckrad-Barre. Der 41-Jährige beschreibt darin, warum er nicht mehr leben dürfte (Alkohol, Kokain, Bulimie, Depression) und wer ihn vor dem Tod gerettet hat. Es ist der erstaunlichste Großerfolg dieses Frühjahrs. Es wurde von der Kritik viel beachtet, wie es heißt. Vor allem aber wird es gekauft und gelesen, es ist ein absoluter Bestseller, an dem in der Spiegel-Bestsellerliste gerade nur "Das geheime Leben der Bäume" vorbeikommt.

Den ganzen April lang werden die Leute nun in Lesungen Stuckrad-Barres rennen, den Auftakt feierte er am Montagabend in der vollen Münchner Muffathalle. Eine Konzerthalle, nachdem sich der zuerst angepeilte Club Ampere während des Vorverkaufs schnell als zu klein herausstellte.

Warum erreicht dieser Mann gerade so viele Menschen? Im Handel wie, wichtiger noch: im Herzen. Genauso gut hätte all dies, sein erstes neues, also nicht nur auf Remixes basierendes Buch seit der Jahrtausendwende, ja auch nicht funktionieren können.

An der Wand: ein Bild aus dem Nachlass von Helmut Dietl

Benjamin von Stuckrad-Barre aber kann eben vieles sehr viel besser als viele andere: rasant und assoziativ denken, komisch sein, genau beobachten und schreiben, all das wusste man. In "Panikherz" nutzt er all diese Talente und richtet sie gegen sich selbst.

Nun: Riesenerfolg, Dauerlesereise, ob das gutgeht?

Kurz vor Beginn der Lesereise empfängt Stuckrad-Barre in seinem Zimmer im Hotel Atlantic in Hamburg. Er wohnt da inzwischen, wie auch sein Idol Udo Lindenberg. Stuckrad-Barre zweifelt, ob er die Reise schafft. Late Check-out ist in zwanzig Minuten, gepackt noch nichts, der Zimmerservice hat seinen Handtuchwagen bereits vor der Tür geparkt, eine klare Mahnung. Hinter der Tür sitzt Benjamin von Stuckrad-Barre rauchend, schreibend und Musik hörend an einem fehlkonstruierten Schreibtisch, er trägt Pudelmütze.

"Das muss auf jeden Fall mit, der Rest ist egal!"

Er zeigt auf das Bild an der Wand. Es stammt aus dem Nachlass von Helmut Dietl, Benjamin von Stuckrad-Barre hat das Bild zum erstem Todestag vor einer Woche in München geerbt. Zu sehen ist auf dem Bild, von dietlweißem Holz gerahmt, eine Schwarz-Weiß-Aufnahme des Hotels Chateau Marmont, 8221 Sunset Boulevard, Los Angeles. Die Aufnahme war Helmut Dietl eine Erinnerung an seine ersten Monate dort, Ende der Siebziger, nun ist sie Stuckrad-Barre eine Erinnerung, an wiederum sein Jahr im Chateau, wo er "Panikherz" geschrieben hat.

Vor Kurzem hat er im Chateau angerufen und sein Zimmer erneut reserviert, vom 1. Juni bis zum 31. Dezember.

Lesen Sie mit SZ Plus die ganze Seite-Drei-Reportage über Stuckrad-Barre: wie er und Udo Lindenberg im Porsche mit Tempo 30 durch Hamburg fahren, was ihn mit Karl Ove Knausgård verbindet - und wie es ist, ohne innere Mitte zu leben.

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Von Cornelius Pollmer

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