Thriller:Ein Bazillus aus der Hölle

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Tom Hanks spielt in der dritten Dan-Brown-Verfilmung "Inferno" wieder den tapferen Professor Robert Langdon, allerdings geht die Action ziemlich daneben.

Von Fritz Göttler

Die Geschichte beginnt mit einem der höchsten Gefühle, die ein Mensch erleben kann. Man hat eine wichtige Aufgabe bewältigt, ein Projekt auf den Weg gebracht, das der Welt von Nutzen ist, langfristig. Eine Art Lebenswerk. Nun kann man sich locker zurücklehnen. So ein Mensch ist Bertrand Zobrist, Milliardär und radikaler Weltverbesserer aus der Steve-Jobs-Generation (gespielt von Ben Foster), er lehnt sich langsam zurück und lässt sich von einem Glockenturm in Florenz fallen. Ein tödlicher Sturz.

Die Inszenierung des Bösen ist an dem Dichter Dante orientiert, seiner "Divina Commedia"

"Inferno" ist der dritte Film nach den immens erfolgreichen Dan-Brown-Romanen, nach "Sakrileg" und "Illuminati". Erneut verkörpert Tom Hanks den unersetzlichen Symbologen Robert Langdon, der in Europa mit dubiosen Zeichen und alten Mythen konfrontiert wird. "Inferno" ist ein Thriller übers Anthropozän, über die aktuelle Epoche der Erdzeit, die nachdrücklich vom Menschen bestimmt wird. Darüber, wie der Mensch innerhalb von ein paar Jahrzehnten mit Industrialisierung und Wohlstandsdogma das verpulvert hat, was die Erde in Millionen Jahren geschaffen und komprimiert hat, wie er die fossilen Brennstoffe bedenkenlos ausbeutet und den kaum noch zu stoppenden Klimawandel immer weitertreibt.

Weltrettung kann da nicht mehr Philanthropie sein. Für den Weltretter Zobrist ist das entscheidende Problem die Überbevölkerung, und um die zu reduzieren, hat er einen tödlichen Bazillus entwickelt, der die Menschheit schnellstmöglich dezimieren und für die Zukunft überlebensfähig machen wird. Bevor er sich vom Turm fallen lässt, hat er den fatalen Mechanismus in Gang gesetzt, der die Seuche auslösen wird. Das Inferno ist die Kur.

Dies Projekt hat etwas von den großen Aufbruchsvisionen der frühen Neuzeit, deshalb hat Zobrist seine Inszenierung der Seuche an dem Dichter Dante und seiner "Divina Commedia" orientiert, ihrem ersten Teil Inferno. Die Verbindung von alten Mythen und neuer Wissenschaft kann nur Professor Langdon herstellen.

Am Anfang aber hat Langdon die Erinnerungen an die vergangenen Tage verloren, er kommt in Florenz zu sich, im Krankenhaus, angeschossen. Eine junge Ärztin kümmert sich um ihn, Felicity Jones. Eine zweite Frau, eine Killerin, ist hinter ihm her. Wie kam er dorthin, wer hat ihn aus Harvard nach Europa gelockt? Langdon flieht, er muss die sichere Seite verlassen, alle Gewissheiten, auch die über sich selbst und das, wozu er fähig ist. Er muss gewissermaßen in die Fußstapfen, die Schuhe seines Widersachers steigen. Seinen Fall ins Nichts hat Zobrist nicht ganz freiwillig getan, es waren ihm Politik und Polizei auf der Spur, die WHO, die Weltgesundheitsorganisation.

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Tom Hanks, der große Naive des amerikanischen Kinos, ist auch in diesem Langdon-Abenteuer eher zufällig ironisch, in seiner Kunst der wilden Assoziation vor allem. Als Action ist der Film ein ziemlicher Versager, die Drohnen-Jagd in den Boboli-Gärten ist völlig verschenkt. Der Film ist ein Bastard, aber den Katastrophenfilm, der in ihm schlummert wie ein Bazillus, traut er sich nicht zu wecken. Als Zuschauer träumt man dennoch immer wieder davon. Für solche Schrecken, die über die humane Perspektive hinausgehen, wurde das Kino ja geschaffen.

Inferno, USA 2016 - Regie: Ron Howard. Buch: David Koepp. Nach dem Roman von Dan Brown. Kamera: Salvatore Totino. Schnitt: Dan Hanley, Tom Elkins. Musik. Hans Zimmer. Mit. Tom Hanks, Felicity Jones, Sidse Babett Knudsen, Irrfahn Khan, Omar Sy, Ben Foster, Ana Ularu, Ida Darvish, Xavier Laurent. Sony, 122 Minuten.

© SZ vom 13.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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