Theaterpreis:Überschreibungen

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Zu den Mülheimer Theatertagen werden zwar Inszenierungen aus ganz Deutschland eingeladen, ausgezeichnet aber wird dabei mit dem Dramatikerpreis der beste neue Theatertext. Dieses Mal sind Texte von Elfriede Jelinek und Strindberg dabei.

Von Christine Dössel

Die Mülheimer Theatertage sind so etwas wie die kleine Schwester des Berliner Theatertreffens: eine Schau der besten Produktionen eines Jahres - nur dass in Mülheim die Stücktexte im Fokus stehen, nicht die Inszenierungen. Und dass es sich um einen Wettbewerb handelt: Es geht um den mit 15 000 Euro dotierten Mülheimer Dramatikerpreis, der am Ende bestimmt wird.

Für die Theatertage nominiert eine Jury sieben neue, uraufgeführte deutschsprachige Stücke, die als Gastspiele in Mülheim an der Ruhr gezeigt werden. In diesem Jahr sind es acht. Wobei die achte Position, Simon Stones "Hotel Strindberg", beim Stücke-Festival vom 12. Mai bis zum 2. Juni womöglich gar nicht gezeigt werden kann: "Gastspiel vorbehaltlich der Prüfung technischer, dispositorischer und finanzieller Realisierbarkeit", lautet die Anmerkung. Heißt: Ist vielleicht zu groß und zu teuer.

Elfriede Jelinek ist mit ihrem Trump-Stück "Am Königsweg" eingeladen

"Hotel Strindberg", uraufgeführt am Wiener Akademietheater (in Koproduktion mit dem Theater Basel), ist eine aufwendige Großinszenierung von Simon Stone auf Grundlage mehrerer Stücke von August Strindberg. Der australische Regisseur hat es sich zur Gewohnheit gemacht, Stücke der klassischen Moderne zu überschreiben. Er transponiert sie sprachlich wie inhaltlich in die Gegenwart, wodurch etwas Neues entsteht. Inwieweit er damit auf Augenhöhe ist mit "richtigen" Autoren, wird zu diskutieren sein. Die Überschreibung älterer Dramen scheint jedenfalls im Trend zu liegen und bei der Jury als neue Form der Autorschaft Anerkennung zu finden. So ist auch Ewald Palmetshofer mit seiner Mittelstandsversion von Gerhart Hauptmanns Sozialdrama "Vor Sonnenaufgang" nominiert, in der Regie von Nora Schlocker (Theater Basel).

Wenn Elfriede Jelinek in ihren Textflächen etwas überschreibt, dann die Wirklichkeit. Die Österreicherin ist mit ihrem Politstück "Am Königsweg" über Donald Trump vertreten. Es wird an mehreren Theatern gespielt, eingeladen ist Falk Richters Uraufführungsinszenierung vom Schauspielhaus Hamburg - auch groß und teuer.

Des Weiteren sind nominiert: "Versetzung" von Thomas Melle (Deutsches Theater Berlin), "Homohalal" von Ibrahim Amir (Staatsschauspiel Dresden), "paradies spielen (abendland. ein abgesang)" von Thomas Köck (Nationaltheater Mannheim), "Fräulen Agnes" von Rebekka Kricheldorf (Deutsches Theater Göttingen) sowie "Beben" von Maria Milisavljevic (Theater/ Orchester Heidelberg). Nominiert wurden auch fünf Kinderstücke. Eines erhält den Kinderstücke-Preis.

© SZ vom 21.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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