Theater:Jede Kunst für jeden

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Neue Leitung, neue Ideen: I-camp ist jetzt Hoch X

Von Egbert Tholl, München

Der erste Eindruck ist gewaltig: Das Hoch X ist ein herrlicher Festraum des Theaters. Und dabei doch sehr vertraut, denn das, was jetzt Hoch X heißt, hieß bis vor kurzem noch I-camp und ist nach wie vor ein Spielort der freien Szene in München. Nur halt ganz neu. Nach 23 Jahren gibt es hier einen Generationenwechsel in der Leitung, die neuen sind jung und zu viert. Sie heißen Ute Gröbel, Benno Heisel, Ulrich Eisenhofer und Susanne Weinzierl und vereinen in sich zu ziemlich alle Fähigkeiten, die man braucht, um ein Theater zu leiten, bis hin zum korrekten Umgang mit dem Akkuschrauber.

Der war zunächst auch nötig, und noch ist das Hoch X ein bisschen Baustelle, das Foyer, das künftig auch für Veranstaltungen genutzt werden soll, ist noch leer, aber die neue, behindertengerechte Toilette ist schon fertig, die baute das Kolping-Werk ein, dem das Haus gehört. Im Inneren jedoch ist dieser herrliche Raum. Die neue Leitung baute die Black Box des alten I-camp um in eine Guckkastenbühne. Das klingt anachronistisch, überzeugt aber durch den Raumgewinn. Außerdem könne man nach wie vor das Niveau zwischen Bühne und Zuschauerraum egalisieren, was wohl schon deshalb zwingend notwendig ist, weil das Hoch X ein fester Spielort für die Festivals "Dance", "Spielart", vielleicht auch die Musiktheaterbiennale bleiben wird, weshalb man einen variablen Raum braucht. Neu ist ein Unikum: Es gibt eine Art Orchestergraben. Der wurde bei der Renovierung entdeckt.

Das Hoch X ist eine "ensemblefreie Infrastruktureinrichtung". Sagt Kulturreferent Hans-Georg Küppers und ist sichtlich grinsend stolz darauf, irgendwo diesen wunderbaren Begriff entdeckt zu haben. Eine ensemblefreie Infrastruktureinrichtung war auch schon das I-camp gewesen, zumindest für die, die dort auftreten durften. Wobei: Das bleibt ja auch so, nur werden künftig halt andere auftreten. Hauptaufgabe des Hoch X sei, so Küppers, "Kunst in allen Formen zu ermöglichen". Was die Frage aufwirft, wie junge Theatermacher wie Benno Heisel und Ute Gröbel auf die Idee kommen können, es attraktiv zu finden, als "Dienstleister für die freie Szene" (Küppers) tätig zu sein.

Antwort Heisel: Jeder, der Theater macht, träume höchstwahrscheinlich davon, ein eigenes Theater zu leiten. Ihn treibe der Versuch an, einen Raum aufzubauen, der so sei, wie er immer gewünscht habe, einen Theaterraum vorzufinden. Klingt altruistisch und beschreibt gut, wie sich die Vier bei der Pressekonferenz präsentieren. Sie werden von Fragen umgetrieben: Wie kann man "in die Stadt hineinwirken", wie kann man dem Publikum das Gefühl geben, "sich hier entfalten zu können". Denkanstöße, offene Plattform, alle Sparten, alle Arten von Publikum. So!

Die Eröffnung des Hoch X fällt mit der der Wiesn zusammen, ist also am 17. September. An diesem Tag hat "Audiogramm", eine "Stadtteilkompositionsoper von Clara Hinterberger ihre Uraufführung. Daneben gibt es "lost yesterdays" der Gruppe inter:ference mit unter anderem Ruth Geiersberger - die Produktion kam an der Theaterakademie heraus, wo Heisel und Gröbel studiert haben. Dann spielt noch die Band Joasihno. Ein winziger Ausschnitt des Hoch-X-Programms, zu dem Salons, Tanz, Kindersonntage, Literatur, Bildende Kunst, Labor, Reden, Denken ebenso gehören werden - insgesamt 120 Veranstaltungen pro Spielzeit.

© SZ vom 15.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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