Theater:Antik verzaubert

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Ariel (Sven Schöcker, links) und Zauberer Prospero (Gunnar Petersen) spinnen ihre Intrigen. (Foto: Veranstalter)

Romanze und Intrige: Im Innenhof der Glyptothek setzt man in dieser Freiluft-Theatersaison auf William Shakespeares Stück "Der Sturm"

Von Karen Bauer

Mit finsterem Gesicht schwingt Prospero den Zauberstab, die Efeuranken beben unter seiner donnernden Stimme und den schrillen Akkordeon-Klängen Ariels: Shakespeares Hauptfigur beschwört, unterstützt durch seinen Gehilfen, den Sturm herauf, der seine Widersacher in Seenot bringt.

Wenn die großen Münchner Theaterhäuser zur Sommerpause die Tore schließen, dann öffnet die Glyptothek ihren Innenhof. Seit 1990 veranstaltet die Truppe um Gunnar Petersen jedes Jahr im Sommer die Open-Air-Theaterspiele Glyptothek. Passend zur Kulisse spielen sie Stücke mit Bezug zur Antike. Und es gibt wohl nur wenig schönere Orte, um einen heißen Sommertag in München ausklingen zu lassen, als in diesem kühlen klassizistischen Innenhof bei Brot und griechischem Wein, umgeben von antiken Philosophenbüsten. 400 Jahre nach dem Tod von William Shakespeare steht diesmal dessen Stück "Der Sturm" auf dem Programm: Seit zwölf Jahren darbt der Zauberer mit seiner Tochter Miranda auf einer einsamen Insel. Einst war er Herzog von Mailand, wurde dann ausgesetzt von seinem machtgierigen Bruder Antonio. Vater und Tochter haben sich zusammengerauft, mit magischen Kräften hat sich Prospero den lüsternen, missgestalteten Sklaven Caliban und den fröhlichen Luftgeist Ariel untertan gemacht.

Als ein Schiff mit Thronräuber Antonio, König und Königssohn Ferdinand die Insel passiert, wittert Prospero die Chance, seinen Thron zurückzuerobern. Mit Hilfe von Ariel verhext Prospero seine Mitmenschen und lenkt so die Geschicke, arrangiert Zusammenkünfte und Romanzen. So trifft denn Königssohn Ferdinand auf die junge Miranda, ungekünstelt gespielt von Isabel Segmüller. Man muss unwillkürlich schmunzeln, wenn sie den Jüngling mit ganz großen Augen bestaunt: "Wie schön ist das menschliche Geschlecht! Oh schöne neue Welt, die solche Leute hat!" ruft sie, die außer ihrem Vater und Caliban noch keinen Mann gesehen hat.

Shakespeares wuchtige Sprache dominiert die Inszenierung von Ioan C. Toma. Eine schlichte Rampe mit Marmorsockeln dient als Bühne. Kostüme und Requisiten sind in Handarbeit liebevoll gestaltet: Der Zauberer und Ariel tragen etwa leuchtend blau gebatikte Umhänge, die mit dem Abendhimmel korrespondieren. Gunnar Petersen spielt den Patriarchen Prospero. Groß, mit ausladenden Gesten und larmoyanter Mimik rezitiert er den Text mit viel, bisweilen zu viel Pathos. Dafür glänzt Sven Schöcker in der Rolle des heiteren Geists Ariel mit goldenem Hemd und Lippenstift und amüsiert mal mit clownesker Mimik, mal wankend und lallend als Matrose Trinculo das Publikum. Und auch Beles Adam begeistert als wunderbar abstoßend greinender Caliban mit knarzender Stimme und Schildkrötenpanzer. Im großen Finale wendet sich dann alles zum Guten: Prospero trifft auf seinen Bruder und erhält sein Herzogtum Mailand zurück. Miranda und Ferdinand vermählen sich und tanzen glückstrunken über die Bühne. Prospero entlässt sowohl Caliban als auch Ariel aus seinen Diensten und schließlich zerbricht er wehmütig und doch erleichtert seinen Zauberstab und entsagt der Magie.

Theaterspiele Glyptothek ("Der Sturm" und "Ödipus"), Innenhof der Glyptothek, Königsplatz 3, täglich 20 Uhr , bis 17. Sept. www.theaterspieleglyptothek.de

© SZ vom 13.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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