Textilien:Im Fadenschein der Geschichte

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So ein feines Tuch, nur leider knopflöchrig und verschnitten: Anja Meyerrose vernäht ihre Historie des Herrenanzugs, angeblich das Gewand bürgerlicher Gleichheit, aus Versatzstücken mit leicht pikiertem Unterkragen.

Von Hedwig Richter

Der Herrenanzug! Großartiges Thema! Das Kleidungsstück steht für die Verbürgerlichung der Gesellschaft im 19. Jahrhundert, für den Abbau von Privilegien und den Aufstieg des Kapitalismus. Der Anzug setzt die Idee der Gleichheit aller Männer, wenn nicht sogar aller Menschen auf die Tagesordnung. Es gibt reiche und arme Männer, adlige und niedrige, doch im Anzug stecken alle in derselben nüchternen Welt der Betriebsamkeit. Selbst im globalisierten China und auf Kuba ist er populär geworden. Kleideten sich die wichtigen Männer zuvor in bunte Pracht und schweres Gold, zogen sie sich nun den Anzug über und überließen den modischen Putz den Frauenzimmern.

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