Spurensuche:Nass in New York

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Ostern, der große Stau! Der ADAC warnt. Auch Erfolgsautor Neil Simon warnt, zeigt Tücken des Reisens in "Nie wieder New York". Nasswerden zum Beispiel.

Von Susan Vahabzadeh

Die Welt verändert sich ständig - nicht aber die großen Fragen, die Menschen bewegen. Wir suchen in alten Filmen und Kunstwerken nach wiederkehrenden Motiven. Manchmal ist es das Beste, auf eine Reise zu verzichten.

Die Staustufe Rot hat der ADAC für das Osterwochenende angekündigt, die Sehnsucht nach der Ferne wird über die Feiertage so viele Menschen auf die Straßen treiben, dass dort vielerorts keine Blechlawine erwartet wird, sondern eher erstarrte Blechlava. Das Wetter ist ohnehin nur durchwachsen - wäre es nicht weise, einfach zu Hause zu bleiben? Nicht jede Reise war die Reise wert.

Der Dramatiker Neil Simon hat seine Heimatstadt New York beispielsweise immer geliebt, so sehr, dass seine bitter komischen Stücke und die Filme, die daraus wurden, sie nur selten verlassen - "Barfuß im Park" etwa, oder "Ein seltsames Paar". Oder "The Out-of-Towners / Nie wieder New York", ein furioses Plädoyer fürs Daheimbleiben, 1970 von Arthur Hiller mit Jack Lemmon und Sandy Dennis verfilmt.

Die beiden spielen die Kellermans, George und Gwen, aus einem Kaff in Ohio - und eigentlich will George seiner Frau auf diesem Trip die Stadt präsentieren, in der sie leben werden. Er hat sich um einen Job beworben, Manhattan soll sich deshalb von seiner besten Seite zeigen. Erst mal zeigt sich allerdings überhaupt nur Boston, weil New York im Nebel verschwunden ist und das Flugzeug dort nicht landen kann. Bis sie im Hotel ankommen - es ist das noble Waldorf Astoria an der Park Avenue -, ist das Zimmer anderweitig vergeben. Die Kellermans sehen auch nicht mehr so aus, als gehörten sie ins Waldorf Astoria, wegen eines Transit-Streiks sind sie vom Bahnhof gelaufen. Und das war erst der Anfang. Während ihres Aufenthalts in New York, der überwiegend im Freien stattfindet, weil alles ausgebucht ist, werden die Kellermans nassgeregnet und eingestaubt, ein Gullydeckel explodiert und fliegt haarscharf an George vorbei, aber nun hört er vorerst nichts mehr. Nichts fühlen wäre ihm lieber.

Zu alledem greift Gwen sich immer wieder an die Wangen und kreischt "Oh mein Gott", sie sieht dabei ein bisschen aus wie eine fleischfarbene weibliche Variante von Munchs "Schrei". Ach ja: Die Kellermans werden zweimal ausgeraubt und einmal gekidnappt. Sind ja auch zwei Tage und eine Nacht. Hat sich Neil Simon alles nur ausgedacht? Nein, es inspirierte ihn das Chaos, das 1966 ein zwölftägiger Transit-Streik in New York anrichtete. Neil Simon konnte sich dem nicht entziehen, denn er war ja in diesem Tohuwabohu zu Hause.

© SZ vom 15.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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