Social Media:Ausgezwitschert

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Twitter löscht die Accounts zahlreicher rechter Aktivisten. Dass sie ihre rassistische und nationalistische Hetze nun an anderen Orten absondern müssen, steigert ihre Wut. Sie fühlen sich unterdrückt und zensiert.

Von Johannes Boie

In der Woche nach der amerikanischen Wahl hat Twitter zahlreiche Accounts gelöscht, die Nutzer aus der Alt-right-Bewegung verwendeten. Diese Bewegung ist ein Teil der amerikanischen Rechten, oft rassistisch und nationalistisch konnotiert. Einige Protagonisten der Szene halfen Trump, die Wahl zu gewinnen.

Nicht mehr auf Twitter ist jetzt zum Beispiel Richard Spencer, der Chef des stark rechtslastigen Thinktanks "National Policy Institute", der sich nach eigenen Angaben um "Identität und Zukunft von Menschen europäischer Herkunft in den USA" kümmern möchte, also um Menschen mit weißer Hautfarbe. Spencer hatte einen Account auf Twitter, der sogar mit einem blauen Häkchen von Twitter selbst als "verifiziert" gekennzeichnet wurde. Dennoch löschte die Firma ihn nun als Nutzer. Spencer ist nicht der einzige aus dem Alt-right-Spektrum, der seinen Account verloren hat. Ebenfalls verschwunden sind zum Beispiel Paul Town, ein bekannter rechter Blogger, und ein Mann, der unter dem Pseudonym Ricky Vaughn agierte.

Twitter hat seit Jahren massive Probleme mit Hetze und Mobbing auf der Plattform. Das Unternehmen hat privatrechtlich die Möglichkeit, Nutzer jederzeit zu löschen. Demgegenüber steht die gesellschaftliche Rolle des Konzerns, der - ähnlich wie Facebook - mit seinem Produkt Öffentlichkeit herstellt. Der CEO des Unternehmens, Jack Dorsey, wird immer wieder dafür kritisiert, dass Twitter Meinungen unterdrücke, die zwar legal seien, aber Twitter nicht passen würden. Prominentestes Beispiel dafür ist Milo Yiannopoulos, ein schriller Aktivist der jungen Rechten in den USA, der bereits vor Monaten seinen Account verlor. Twitter war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Die rechte Szene in den USA ist jetzt massiv in Aufruhr geraten. Die Protagonisten nützen die Sperrungen auch dazu, sich als von Zensur betroffene Meinungsführer darzustellen. In Anbetracht der gelöschten Accounts wirkt diese Strategie zumindest auf die eigenen Anhänger glaubwürdig.

© SZ vom 17.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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