Sexismus:Champion der Frauen?

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Schauspielveteran Dustin Hoffmann soll vor Jahrzehnten eine Praktikantin belästigt haben, jetzt stellte ihn Starkomiker John Oliver auf einem Podium zur Rede. Was folgt, wenn Schweigen keine Option mehr ist?

Von Susan Vahabzadeh

Die Zeiten sind genau richtig für Barry Levinsons Film "Wag the Dog" - da geht es um einen Spin-Doctor, der mal eben im Regierungsauftrag einen Krieg erfindet. Und, damit es keine echten Toten gibt, alles im Studio inszenieren lässt, von einem Regisseur, gespielt von Dustin Hoffman. In New York wurde dieser Film jetzt gefeiert: Er ist zwanzig Jahre alt, und derzeit kann man nur hoffen, dass Ablenkungskriege bloß im Studio inszeniert werden.

Keine schlechte Idee also, Levinson, Dustin Hoffman und Co-Star Robert De Niro auf die Bühne zu laden und vom Comedian John Oliver befragen zu lassen. Oliver vollführt mit seiner Fernsehsendung "Last Week Tonight" sonntagabends eine Gratwanderung zwischen Satire und Journalismus; das ist eine zeitgemäße Form, weil man manchen Tatsachen nur noch mit Satire angemessen beikommt.

Er ist aber auch als Mann bekannt, der gerade die harten Sachen nicht verschweigt. Also spricht er Hoffman auf die Vorwürfe an, die seit Wochen durch die Medien gehen - er habe eine seinerzeit 17-jährige Assistentin am Set von "Tod eines Handlungsreisenden" (1985) mit sexistischen Zoten und Klapsen auf den Po belästigt. John Oliver findet, Hoffmans ursprüngliche Stellungnahme zu seiner Verteidigung - "das reflektiert nicht, wer ich bin" - habe viel zu wenig Einsicht gezeigt. Hoffman bringt weitere Erklärungen und Entschuldigungen, in Olivers Ohren klingen sie alle nur noch schlimmer und uneinsichtiger. Sie waren ja nicht dabei, sagt Hoffman. Gott sei Dank, kontert Oliver. Hoffman schildert die Kultur am Set, da sei es normal, Mitarbeiter nach ihrem Sexualleben zu befragen. Darauf sagt Oliver: Dann muss sich die Kultur aber dringend ändern.

Die ganze Szene, die die Washington Post gefilmt und auf ihre Website gestellt hat, könnte großartig sein - hätte sich Oliver für seine Angriffslust ein dankbareres Ziel ausgesucht. Hoffmans Benehmen am Set von "Tod eines Handlungsreisenden" war vielleicht geschmacklos, ist aber wirklich keine zentrale Enthüllung der Belästigungsdebatte der letzten Wochen. Das Interessanteste daran ist jetzt Hoffmans Verteidigungsstrategie: Er bestreitet, dass das alles so passiert sei - dabei hat er da längst Teile der Schilderung bestätigt. Lügen ist irgendwie übler als Zotenreißen an Filmsets.

© SZ vom 07.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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