Schauplatz Wien:Die neue österreichische Welle

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Rainhard Fendrich war nie sehr politisch. Und er war lange sehr out. Jetzt meldet er sich mit einer neuen CD zurück - und mit erstaunlich klaren Worten gegen den österreichischen Rechtspopulismus. Die Linke ist begeistert.

Von Cathrin Kahlweit

Nicht nur in Deutschland reden derzeit alle über die tolle Popmusik aus Österreich. In Österreich selbst tun sie das auch. Wanda füllt große Hallen, Parov Stelar auch; naja, und wenn man Andreas Gabalier irgendwie auch noch in die Volkspop-Sparte hineinpresst, dann ist er natürlich sowieso die Nummer 1. Aber: Ein anderer Österreicher ist zurück, den viele schon abgeschrieben hatten, und mit ihm eine Sehnsucht nach dem guten alten Schmäh der guten alten Austropop-Zeit, in der Stars wie der Wanda-Leadsänger nicht auf Macho-Macker machten und Gabalier nicht auf Sexsymbol für Arme.

Rainhard Fendrich is back. Weil er eine neue CD herausgebracht hat, sieht man den "Veteranen" ( Falter ) derzeit auf fast jedem Titel, und seine Interview-Session im Keller des legendären Café Korb in Wien war ein Wiedersehensreigen mit vielen Journalisten, die mit Fendrich alt geworden sind. Im Kurier wird gemutmaßt, dass auf den Sänger, der mal als "ein bisschen peinlich" galt, jetzt der "Kultstatus" wartet, der Falter findet den Wiederentdeckten "lässig", und Profil lobt seine antiquierte Art als neue österreichische Welle.

Und nicht nur Fendrich ist wieder da, auch die anderen Austropopper, Austrosingersongwriter und Austropoeten feiern die Wiederauferstehung. Der großartige Wiener Norbert Schneider, nur für Piefkes ein Geheimtipp, hat zum 70. Geburtstag des verstorbenen Georg Danzer dessen Lieder eingespielt, und das Watzmann-Musical mit Wolfgang Ambros geht auf eine Abschiedstournee, an deren Abschied niemand glaubt. Es ist die Sehnsucht nach der Zeit, in der Österreich noch nicht als Bananenrepublik dastand und die Musik noch auf freundlich-unpolitische Weise das Image des Landes aufpolierte.

Jetzt wird also Fendrich gefeiert, der immer irgendwie ein bisschen politisch war, es jetzt aber sogar sehr explizit ist. In "Schwarzoderweiß", so der Titel seiner neuen Platte, geht es um Frieden, Rassismus und Hass. Das kann man mögen, muss es aber nicht. Was Österreich aber offensichtlich mag, ist ein Sänger, der sich gegen den FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer positioniert und gegen die irritierende Popularität des Rechtspopulismus austriakischer Prägung. Der die Aufhebung der Stichwahl kritisiert und auf das Asylrecht pocht.

Seit Hofer in dieser Stichwahl fast 50 Prozent der Stimmen bekam, seit klar ist, dass sich der Wahlkampf noch zwei Monate hinziehen wird, seit alle Welt darüber redet, dass Heinz-Christian Strache der nächste Kanzler sein dürfte, sucht das Land Orientierung. Trost. Und da kommt der Mann, der einst "I am from Austria" geschrieben hat, die heimliche Hymne, die von der FPÖ usurpiert wurde. Und sagt: Der Text werde zu selten mit dem Hirn gesungen. In dem Song kämen ja auch "Ratten" vor, und nach denen müsse man heute nicht lange suchen. Und dass der grüne Präsidentschaftskandidat Alexander Van der Bellen gut sei für Österreich. So beliebt wie jetzt war Fendrich bei den Linken noch nie.

© SZ vom 05.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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