Schauplatz Madrid:Kämpfe mit Windmühlen

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Spanische Linguisten hat ein Gespenst ereilt: das Spanglish. Die Unterwanderung des Spanischen mit englischen Vokabeln wollen die Sprachpuristen bekämpfen - das wird ein Kampf wie der von Don Quijote gegen die Windmühlen.

Von Thomas Urban

Ausgerechnet in der Karwoche, der Semana Santa, die in Spanien viel mehr ist als der Höhepunkt des Kirchenjahres, erhitzt ein vermeintlicher Angriff auf die Hochkultur die Gemüter: Spanglish. Soll man Spanglish als Bereicherung ansehen oder muss man sich energisch dagegen wehren? Das Wort steht für die wachsende Durchsetzung des Spanischen mit englischen Vokabeln, die aber angepasst werden: englischer Wortstamm, spanische grammatikalische Endungen. Für die Kulturpolitiker in Madrid und vor allem die Herausgeber des berühmten "Wörterbuchs der Königlichen Akademie" ist klar: Wir verteidigen die tiefgründige und feinziselierte Sprache des Nationaldichters Miguel de Cervantes gegen die Angriffe des angloamerikanischen Flachsinns. Aufmerksam beobachten die Linguisten, dass bei Franzosen oder Deutschen die Sprachhüter immer mehr von den Wellen des Franglais sowie des Denglisch überrollt werden, und das wollen sie eben nicht.

Die Spanglish-Welle kommt vor allem über TV-Serien aus Mexiko und Musikvideos der Hispanics, der spanischsprachigen Immigranten in den USA, auf die iberische Halbinsel. Die neuen Kombiwörter bezeichnen meist Alltagsdinge: cornfleis für "corn flakes", frizar (in die Tiefkühltruhe packen) von "freeze", lonche (Mittagessen) von "lunch", rufo für roof (Dach) oder das schöne Verb janguear (herumhängen) von "hang out".

Ausgerechnet der bekannte Cervantes-Übersetzer Ilan Stavans, der sich als US-Mexikaner bezeichnet, wandte sich gegen die Madrider Puristen. Sprache lebe, immer würden auch Begriffe von Nachbarn übernommen und anverwandelt. Letztlich sei auch das Spanische aus einer Vermischung des Latein mit den Idiomen der Völker auf der Halbinsel entstanden, auch im Werk des weit gereisten Cervantes fänden sich viele Fremdwörter. Allerdings hat der Aufruf zur Sprachtoleranz heftigen Widerspruch hervorgerufen, ein Argument: Stavans solle ruhig sein, er habe den "Don Quijote" ja nicht in eine Hochsprache übersetzt, sondern in Spanglish. Das offizielle Madrid will dagegen kämpfen - und dabei nicht, wie Quijote bei den Windmühlen, den Kürzeren ziehen.

© SZ vom 01.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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