Schauplatz London:Die Geschichte der Stadt

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Simon Rattle wollte eine neue Konzerthalle, eine, die seinem Können angemessen ist. Danken muss man ihm aber nicht nur für den Konzertsaal, sondern auch dafür, dass wegen des Neubaus noch etwas ganz anderes neu entsteht.

Von Alexander Menden

Eine der Bedingungen für die Rückkehr Simon Rattles aus Berlin nach England war der Bau einer neuen Konzerthalle in London, eines Saals auf akustischem Weltniveau. Ende vergangenen Jahres wurden entsprechende Pläne für den Neubau vorgestellt, in dem Sir Simon in Zukunft als Chefdirigent des London Symphony Orchestra wirken wird. Das 278-Millionen-Pfund-Projekt soll an jener Stelle unweit des Barbican errichtet werden, an der bisher das Museum of London seinen Sitz hat.

Das Stadtmuseum präsentiert nicht nur mustergültig die Geschichte der britischen Metropole von der Prähistorie bis zur Gegenwart, es hat auch immer wieder großartige Sonderausstellungen zu Figuren und Ereignissen der Stadtgeschichte zu bieten, vom Great Fire of London über die Entdeckung des "Cheapside Hoard"-Schatzes bis zu Jack the Ripper. Seit klar war, dass man würde umziehen müssen, wurde eifrig darüber spekuliert, wo die mehr als sechs Millionen Objekte umfassende Sammlung des Museum of London unterkommen könnte. Nun ist ein Ort gefunden worden, der so perfekt passt und besser ist als der bisherige Sitz ohne Zugang auf Straßenniveau, dass man schon deshalb Simon Rattle auf Knien für seine Rückkehr danken möchte: Der viktorianische General Market in Smithfield stand 30 Jahre lang leer und 2014 sogar kurz vor dem Abriss. Nun aber werden die Markthallen umgebaut und sollen von 2021 an die größte stadtgeschichtliche Sammlung der Welt beherbergen.

Horace Jones, Erbauer der Tower Bridge, entwarf die monumentalen Hallen in den Achtzigerjahren des 19. Jahrhunderts. Ihre Dachstruktur ruht auf filigranen gusseisernen Säulen, die dem Komplex ein luftiges Gepräge geben. Der Ort selbst ist geschichtsträchtig; seit mehr als 800 Jahren wird im Meat Market nebenan jede Nacht Fleisch en gros verkauft, ein paar Jahrhunderte lang war Smithfield zudem Hinrichtungsstätte. Hier, im Nordwesten der City, herrscht immer geschäftiges Leben. Direktorin Sharon Ament hofft, die jährlichen Besucherzahlen des Museum of London auf zwei Millionen zu erhöhen. Welcher glückliche Architekt den fantastischen Komplex für geschätzte 200 Millionen Pfund umbauen darf, wird sich diesen Sommer herausstellen. Hoffentlich findet der siegreiche Entwurf eine Lösung für die Präsentation der 5000 Paar Schuhe, die das Museum sein Eigen nennt.

© SZ vom 25.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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