Schauplatz Jerusalem:Die Kultur-Generalin

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Miri Regev machte beim israelischen Militär Karriere. Nun ist sie Kulturministerin geworden. Die israelische Kulturszene ist von ihren Vorstellungen entsetzt.

Von Peter Münch

Von einem "Kultur-Krieg" ist schon die Rede, und ein Wunder ist das wahrlich nicht. Schließlich ist Israels neue Kulturministerin Miri Regev professionell ausgebildet im Kriegshandwerk: 25 Jahre lang diente sie in der Armee, zuletzt im Rang einer Brigade-Generalin. In der Kultur dagegen sind ihre Wurzeln nicht ganz so tief, und damit fangen die Probleme an.

Die 50-jährige Likud-Politikerin Regev, die erst seit Mai als Ministerin amtiert, hat in Rekordzeit einen Gutteil der Kulturschaffenden des Landes gegen sich aufgebracht. Ihre Definition, "Kultur bedeutet, dem Volk Brot und Spiele zu geben", mag ja noch durchgehen, zumal sie in ihrem Ressort auch den gesamten Sport zu verantworten hat. Problematischer erscheint ihren Kritikern eher der zweite Grundsatz: Wer zahlt, schafft an. Konkret heißt das bei Miri Regev: "Ich werde keine Einrichtungen unterstützen, die den Staat Israel delegitimieren. Punkt!"

Zu spüren bekam das als erstes das Eliam-Kindertheater in Jaffa. Als sich dessen arabischer Direktor Norman Issa weigerte, vor jüdischen Siedlern im Jordantal aufzutreten, drohte Regev mit der Streichung staatlicher Zuschüsse. Ähnlich ging es dem arabisch-sprachigen al-Midan-Theater in Haifa, und das Jerusalemer Filmfest geriet so lange unter Druck, bis ein Dokumentarfilm über den Rabin-Mörder Jigal Amir aus dem Programm genommen wurde. Wenn nötig, werde sie auch Zensur aus-üben, ließ Regev wissen - und auch das hat sie gelernt bei der Armee, wo sie einst das Amt der obersten Militärzensorin bekleidete.

Die forsche Offensive der Ministerin hat heftige Proteste provoziert. Mehr als 2000 Künstler unterzeichneten einen offenen Brief, in dem sie der Regierung "undemokratisches Verhalten" vorwerfen. Die Schriftsteller David Grossman und Amos Oz warnen vor einer internationalen Isolierung Israels, wenn die Kultur aus der Wagenburg heraus geplant wird. Doch Regev ist schwer zu beeindrucken, und im Zweifel hat sie immer das lautere Argument. In einem Interview beschimpft sie nun die Kulturschaffenden als "scheinheilig und undankbar". Überhaupt, so fügt sie an, wäre sie viel lieber Sozialministerin geworden. Da sei die Klientel einfach erfreulicher.

Nun müssen sie lernen, miteinander auszukommen, die Kulturschaffenden und die Kultur-Generalin. Als Vermittler hat sich inzwischen Staatspräsident Reuven Rivlin eingeschaltet, der Regev zusammen mit ein paar ihrer schärfsten Kritiker in dieser Woche in seine Residenz einlud. Die Künste seien immer Israels beste Botschafter gewesen, sagte der Präsident, und er hoffe sehr, dass es so bleibe. Konkrete Ergebnisse zeitigte die Zusammenkunft nicht. Regev sagte hinterher, dies sei das erste, aber gewiss nicht letzte Treffen dieser Art gewesen.

© SZ vom 24.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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