Russland:Kirill Serebrennikow festgenommen

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Der russische Regisseur soll angeblich 68 Millionen Rubel, rund eine Million Euro, gestohlen haben.

Von Sonja Zekri

Kirill Serebrennikow vor wenigen Wochen bei der Regie-Arbeit im Moskauer Bolschoi-Theater. Nun sitzt der russische Künstler in Haft. (Foto: Damir Yusupov/dpa)

Der russische Regisseur Kirill Serebrennikow ist in der Nacht zu Dienstag in Sankt Petersburg festgenommen worden. Das Ermittlungskomitee in Moskau wirft ihm Betrug in einem besonders schweren Fall vor. Damit wird seine Inszenierung von Engelbert Humperdincks Oper "Hänsel und Gretel" in Stuttgart noch ungewisser. Zuletzt hatte er in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung gesagt, dass sein Pass bereits vor Monaten eingezogen wurde.

Bislang war Serebrennikow nur Zeuge in einem Verfahren gegen sein Theater, das Moskauer Gogol-Zentrum. Zu den Angeklagten gehören seine ehemalige Buchhalterin Nina Masljaewa, der ehemalige Generaldirektor Jurij Itin und der ehemalige Direktor Alexej Malobrodskij. Die jetzigen Anschuldigungen gegen Serebrennikow drehen sich um seine Produktionsgesellschaft "Siebtes Studio", die für die Theater-Werkstatt "Plattform" am Gogol-Zentrum von 2011 bis 2014 zeitgenössischen Tanz, Musik und Theater aufgeführt und dafür staatliche Förderung bekommen hat. 68 Millionen Rubel, umgerechnet knapp eine Million Euro, soll er für Produktionen bekommen, aber gestohlen haben. Zu den angeblich nie gezeigten Aufführungen gehört eine Produktion von Shakespeares "Sommernachtstraum", die das Gogol-Zentrum oft, auch im Ausland gespielt hat.

In der Kunstszene ist das Entsetzen über die Festnahme Serebrennikows groß. Die Oper in Stuttgart erklärte, sie verfolge die Ereignisse "mit Skepsis und Sorge". Der Chef des Bolschoi-Theaters, Wladimir Urin, der noch vor Kurzem ein Ballett Serebrennikows verschoben hatte, setzte sich für ihn ein, der russische Regisseur Pawel Lungin und Russlands liberaler Ex-Finanzminister Alexej Kudrin: "Die Festnahme eines Regisseurs schießt über das Ziel hinaus", twitterte er, vor allem, nachdem Präsident Wladimir Putin vor übereilten Verhaftungen von Unternehmern gewarnt habe. Serebrennikow, so melden russische Agenturen, streitet in der ersten Vernehmung in Moskau alle Vorwürfe ab.

© SZ vom 23.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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