Pop:Im Namen des Volx

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Die Boyband "Voxxclub" mit Tour und neuem Album

Von Henrik Oerding, München

Ein ganz normaler Samstagnachmittag in einem großen Elektronikmarkt in München. Zwischen Kaffeevollautomaten und digitalen Bilderrahmen hat sich eine Traube Menschen versammelt, eine junge Frau wartet bereits seit fünf Stunden. Was man sonst nur vom Marktstart des neuen iPhones kennt, hat hier einen ganz anderen Grund: Die "Bavarian Boyband" Voxxclub stellt ihr neues Album "Geiles Himmelblau" vor, mit dem sie vom 1. April an durch ganz Bayern touren.

Die Band ist ein bemerkenswertes Phänomen in der deutschen Musikszene. 2013 machte sie erstmals auf sich aufmerksam, als sie in einem Einkaufszentrum in Riem einen Flashmob zu "Rock mi" von den Alpenrebellen inszenierten. Das entstandene Video wurde bei Youtube bis heute knapp neun Millionen Mal angeklickt. Schon damals waren die sechs Jungs perfekt durchgestylt, Lederhose und V-Ausschnitt, immer ein Lächeln auf den Lippen. Ihren Stil nennen sie selbst "volXpop", eine Mischung aus ein wenig Volksmusik und allen Genres des Pop, hin und wieder auch mit A-capella-Einlagen.

Wie es sich für Erfolgsformationen gehört, braucht es natürlich auch einen Gründungsmythos: In der Münchner WG von Michael Hartinger und Julian David, die beide an der Theaterakademie August Everding Musical studierten, kam zu später Stunde die Idee auf, eine Volksmusik-Pop-Kombo zu gründen. Dabei soll auch Martin Simma, Produzent von Voxxclub, beteiligt gewesen sein. Böse Zungen behaupten allerdings, dass dieser die Gruppe als Retortenband zusammengestellt hat. Der Gedanke liegt nahe, kamen doch zwei der Gründungsmitglieder statt aus dem Alpenland aus Mannheim und Mainz, außerdem erscheint die Kombination aus Volksmusik und Pop doch manchmal absurd. Die Jungs selbst betonen aber die Natürlichkeit dieser Verbindung: "Volksmusik hatten wir alle seit frühester Kindheit als gemeinsamen Nenner, und da wir alle fünf auch die üblichen Charts auf dem MP3-Player haben, war es nur eine Frage der Zeit, bis sich unser Stil zu dem entwickelt hat, was er heute ist", sagt Sänger Korbinian Arendt, der, wie die anderen Mitglieder der Band, auch ausgebildeter Musicaldarsteller ist.

Musicals wollen eine perfekte Show, und auch bei der Neuen Deutschen Volksmusik (oder: "Volxmusik") wird nichts dem Zufall überlassen: Die Major-Labels haben den Trend längst erkannt, Sony gründete 2015 mit Alpinrecords ein eigenes Tochterlabel für diese Musik; Universal ist mit Electrola längst dabei. Dort sind neben Voxxclub auch "Volks-Rock'n'Roller" Andreas Gabalier oder die Shanty-Rocker Santiano unter Vertrag. Deren Produzenten von Elephant Music haben bei Voxxclub genauso ihre Hand im Spiel wie die Pro-Sieben-Sat 1-Tochter Starwatch Entertainment. Ein perfektes Management also für Voxxclub, deren Erfolgsformel wohl heißt: Ein bisschen Boyband, ein bisschen Wise Guys, ein bisschen Heimatidylle, ein bisschen Party. Dazu eine ausgefeilte Choreografie und - zugegeben - guter Gesang, fertig ist der Millionenseller.

Im vergangenen Jahr bekam die Idylle jedoch einen kleinen Riss: Julian David verließ die Band, in einem Interview sagte er, "ich kann in der Band nicht mehr so sein, wie ich bin und immer schon war". Wenig überraschend, geht es doch bei Boybands selten um Persönlichkeit als vielmehr um die Rolle, die jedes Mitglied zu spielen hat. Zum Beruf des Musicaldarstellers gehört eben auch das Schauspiel, und vielleicht ist der "fesche Bursche" die Rolle des Lebens für die fünf Sänger. Die füllen sie perfekt aus, für manchen Geschmack vielleicht zu perfekt. Doch die Mischung aus Schelmentum und Heimatverbundenheit kommt an, am Ende des Jahres soll die Münchner Olympiahalle voll werden. Damit das funktioniert, müssen in den nächsten Wochen noch einige Elektronikmärkte besucht werden.

© SZ vom 31.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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