Performance:Fernöstliche Ekstase

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Die japanische Künstlergruppe "Miss Revolutionary Idol Berserker" verspricht mit "Dawn of the Revolution" einen Abend voller durchgeknallter Showeinlagen, Komplexe und Schamgefühle

Von Ekaterina Kel

Sie wollen alles: verrückte Show, strikt choreografierte Performance, buntes Musical und Lebensphilosophie. Bescheiden sind sie nicht. Die neue Produktion "Dawn of the Revolution" der japanischen Künstlergruppe Miss Revolutionary Idol Berserker hat am Dienstag Deutschlandpremiere in der Muffathalle.

"Revolution" stehe für den Wunsch der künstlerischen Leiterin Toco Nikaido, mit ihrer Show alle Freuden und schönen Dinge auf der Welt noch zu übertreffen, erklärt Ryo Kabasawa, Produzent, Manager, Dramaturg, Lichtdesigner und gelegentlich auch Performer der Gruppe. Ähnlich einer Collage sollen an diesem Abend ganz verschiedene Eindrücke und Elemente zusammenwirken. Versatzstücke japanischer Popkultur werden mit modernen und traditionellen Tänzen, Zitaten aus Filmen und Musicals und Elementen des Anime (japanische Zeichentrickfilme) zu einem Abend verarbeitet, der atemlos Entertainment-Ansagen und Showeffekte aneinanderreiht. Es reicht ein Blick auf die Videos der vergangenen Arbeiten, um zu verstehen, dass das nicht nur leere Floskeln sind. Auf allen medialen Ebenen soll der wilde Mix die Zuschauer erreichen: Video, Sound, Licht, Bühne. Es wird knallen. Schließlich stehe das letzte Wort im Namen der japanischen Künstlergruppe "Berserker" für "durchgeknallt", erklärt Kabasawa mit Vorfreude.

An normalen Sachen sei die Gruppe nicht interessiert. Auch in Japan zählten sie zu den bunten Vögeln. Ihre Fangemeinde wachse aber schnell, besonders bei Twitter. Und sie bestehe bei weitem nicht nur aus Schulmädchen, ihre Performances böten auch viel Stoff zum Nachdenken. Miss Revolutionary Idol Berserker will an den Komplexen, Ängsten und Schamgefühlen der Zuschauer rütteln. Die Gruppe denkt groß, geradezu überdimensional: Mit ihrer Performance möchten sie nicht mehr und nicht weniger, als in die Herzen der Zuschauer eindringen und ihr Leben verändern. Und deshalb, erklärt Kabawasa, sei es notwendig, zu extremen Stilmitteln zu greifen und zu provozieren.

Seit 2013 arbeitet Miss Revolutionary Idol Berserker unter diesem Namen. Ihre ersten beiden Produktionen waren 2013 und 2014 bereits auf Kampnagel in Hamburg zu sehen sowie bei Festivals in Berlin, Zürich oder Groningen. Zum ersten Mal kommen sie nun nach München. Bei ihrer letzten Show, "Noise and Darkness", warfen die Künstler Tofu, Algen und Wasser in den Zuschauerraum. Auch dieses Jahr werden die Zuschauer Regenmäntel bekommen, es verspricht, wieder sehr nass werden. Man solle das "Beschmeißen" allerdings nicht als Gewaltakt sehen, erklärt Kabawasa, sondern als Liebesbeweis. "Wir sorgen uns um die Zuschauer. Sie werden wertgeschätzt."

Das Fukushima-Trauma von 2011 gab Toco Nikaido die Motivation für ihre Arbeit. Die Katastrophe habe sie gelehrt, dass das Leben sehr wichtig sei. Gerade weil so viele Menschen gestorben sind, sagt Kabawasa: "Es ist wichtig zu zeigen, dass wir noch da sind und dass wir etwas aus unserem Leben machen." Hinter ihrer durchgeknallten J-Pop-Welt verbirgt sich also ein lebensphilosophisches Konzept: "Wir leben zwar alle auf derselben Erde", sagt Kabawasa, "aber unsere Eindrücke sind dennoch alle unterschiedlich und einzigartig". Ihre 40-minütige Show soll eine Analogie zu dieser Welt bilden: Auf der Bühne passiert sehr viel Unterschiedliches gleichzeitig, so kann jeder Einzelne seine eigene Show erleben und seine eigenen Eindrücke mit nach Hause nehmen. "Missverständnisse sind willkommen", freut sich der Künstler.

Miss Revolutionary Idol Berserker: "Dawn of the Revolution ", Dienstag, 28. April, 20.30 Uhr, Muffathalle, Zellstraße 4, Tickets und Infos unter: www.muffatwerk.de

© SZ vom 28.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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