Niederländische Literatur:Schock am ersten Schultag

Lesezeit: 2 min

Anna Woltz erzählt in "Für immer Alaska" von einer Assistenzhündin. Diese macht mit ihrer Intelligenz zwei schwierige Jugendliche zu Freunden.

Von Hilde Elisabeth Menzel

Die Liste der preisgekrönten Autorinnen und Autoren aus den vergleichsweise kleinen Niederlanden und Flandern ist lang. Man denke nur an Joke van Leeuwen, Guus Kuijer, Edward van der Vendel oder Bart Moyaert, und es wachsen immer wieder begabte junge Autorinnen und Autoren nach, die begeisterte Leser wegen ihrer besonderen Sprache und ihren liebenswerten Helden finden. Eine davon ist Anna Woltz, die mit "Für immer Alaska" jetzt ihr fünftes Buch auf Deutsch vorlegt.

(Foto: Job Wouters)

Es geht um Sven und Parker, die abwechseln zu Wort kommen. Sie sind neu in der 7b, und beide fürchten sich vor diesem Neuanfang. Ihre erste Begegnung in der Klasse ist alles andere als herzlich, und dass sie am Ende der Geschichte Freunde werden könnten, scheint eher unwahrscheinlich. Für beide endet dieser erste Schultag mit einem Schock. Für Sven, weil er einen epileptischen Anfall hat, der seinen Plan zunichte macht, etwas Verrücktes zu inszenieren, um unter seinen neuen Mitschülern nicht als "Freak" abgestempelt zu sein. Und für Parker, weil ihr über alles geliebter Hund Alaska, von dem sie sich wegen der Allergie ihres kleinen Bruders vor vier Monaten trennen musste, zusammen mit Svens Mutter vor der Schule wartet. Alaska trägt eine gelbe Decke mit der Aufschrift: "Assistenzhund. Nicht streicheln!"

"Ich weiss jetzt genau, was geschehen muss. Ich werde Alaska entführen."

Wie in allen ihren bisher ins Deutsche übersetzten Büchern sind Anna Woltz mit Sven und Parker wieder ungemein lebendige Kinderfiguren gelungen. "Ich bin eigentlich nie erwachsen geworden. Meine Perspektive war immer die der Kinder und Jugendlichen.", schreibt sie dazu in einem Artikel in der Zeit vom Dezember 2017. Doch die eigentliche Heldin in ihrem neuen Buch ist die Hündin Alaska. Als sie noch Parkers Hund war, wurde sie wegen ihrer großen Intelligenz von einer Hundetrainerin entdeckt, die sie nach ihrer erzwungenen Trennung von Parker zu einer so genannten "Assistenzhündin" ausbildete. Das weiß Parker, doch dass ausgerechnet dieser Sven, der sie gleich in der ersten Stunde vor der Klasse gedemütigt hat, nun ihren geliebten Hund besitzt, ist für sie schwer erträglich. Und so trifft sie eine trotzige Entscheidung: "Ich weiß jetzt genau, was geschehen muss. Ich werde Alaska entführen."

Anna Woltz: Für immer Alaska. Aus dem Niederländischen von Andrea Kluitmann. Carlsen Verlag, Hamburg 2018. 176 Seiten, 12 Euro. (Foto: N/A)

In der folgenden Nacht schleicht sich Parker, vermummt wie ein Einbrecher, zu Svens Haus. Sie findet eine offene Terrassentür und dahinter Alaska, die Parker freudig begrüßt. Doch Sven schläft im gleichen Zimmer und wird nun wach. Zum Glück erkennt er Parker nicht, und sie unterhalten sich über Alaska, die Svens Anfälle im Voraus spürt und so lebensrettend für ihn sein kann. Und Parker erzählt ihm, wie sehr sie Alaska vermisst und dass die Trennung von ihr nicht ihr einziges Problem sei. Im Geschäft ihrer Eltern hatte es einen Überfall gegeben, bei dem ihr Vater angeschossen wurde. Parker hatte alles, versteckt hinter den Mänteln im Gang, mit ansehen müssen und sich die auffallenden Sneakers des Täters gemerkt. Und da der Vater noch immer unter Schock steht und das Haus nicht mehr verlässt, hat sie beschlossen, den Verbrecher auf eigene Faust zu finden.

Mit raffinierter Dramaturgie verbindet Anna Woltz die verschiedenen Ebenen der Geschichte, die sich zum Teil wie ein Krimi liest und mit der Freundschaft der beiden Jugendlichen endet, die eine salomonische Lösung für ihrer beider Anspruch auf Alaska finden. (ab 11 Jahre)

© SZ vom 13.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: