Nachruf:Sokrates der Popkultur

Glenn O'Brien, geboren 1947, studierte Film in New York, bevor ihn Andy Warhol zu "Interview" holte und er zum "Sokrates der Popkultur" wurde. (Foto: imago)

"Ich dachte immer, dass es sehr wichtig ist, lustig zu sein", sagte Glenn O´Brien. "Wie sollte man sonst ernst genommen werden." Jetzt ist der amerikanische "Stand-up-Essayist" am Freitag im Alter von 70 Jahren gestorben.

Von Jens-Christian Rabe

Was der Mann nicht alles war: Kolumnist, Comedian, Chefredakteur von Andy Warhols Magazin Interview, später erster Warhol-Erklärer, mit "Glenn O'Briens TV Party" Underground-Talkshow-Pionier, Theaterautor, Unterhosen-Model für die Innenseite des berühmten Reißverschluss-Covers des Rolling-Stones-Albums "Sticky Fingers", Kurator, Werber, Kunstkritiker, Musikkritiker, Herausgeber von Madonnas Skandal-Bildband "Sex", der "Style Guy" des Magazins GQ und Autor der einzigen Männer-Stil-Fibel, die keine lächerliche Zeitverschwendung ist: "How To Be a Man".

Die New York Times schrieb in ihrem Nachruf, dass Glenn O'Brien dem Warhol-Diktum, nach dem in Zukunft jeder 15 Minuten berühmt sein werde, eine ganz eigene Drehung verpasste: Er sei 45 Jahre lang alle 15 Minuten berühmt gewesen - und immer für etwas anderes. Der Mode-Designer Calvin Klein nannte ihn sogar den "Sokrates der Popkultur". Das war natürlich Unfug, weil der Journalist Glenn O'Brien ja ständig schrieb - und doch war es absolut richtig. Er selbst wollte ein "Stand-up-Essayist" sein. Und das war er. Und was für einer: "Ich dachte immer, dass es sehr wichtig ist, lustig zu sein. Wie sollte man sonst ernst genommen werden." Man lese also Sammlungen seiner Texte wie "Soap Box" und staune über die popsokratische Weisheit: "Ich würde nicht sagen, dass der Roman tot ist. Ich würde sagen, er ist gerade beim Lunch."

Am Freitag ist Glenn O'Brien an den Folgen einer Lungenentzündung gestorben. Er wurde 70 Jahre alt.

© SZ vom 10.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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