Hin und wieder gibt es in Filmen eine Nebenfigur, die weit über ihre Rolle hinauswächst. Radio Raheem aus Spike Lees Rassenspannungsdrama "Do The Right Thing" war so eine Figur. Bill Nunn hat ihn gespielt, der am vergangenen Samstag mit 63 Jahren an Krebs gestorben ist.
Radio Raheem ist im Film der Störenfried, der mürrisch durch das Viertel in Brooklyn läuft und dabei sein überdimensioniertes Cassettenradio herumschleppt, aus dem Public Enemy's Kampfstück "Fight The Power" dröhnt. Er geht damit vor allem der italienischen Familie auf die Nerven, die im Viertel eine Pizzabude betreibt.
In dem Film ist der Song aus Raheems Radio so etwas wie der rote Faden. Als er schließlich vor der Pizzeria von einem Polizisten erwürgt wird, weil er sich weigert, die Musik auszustellen, explodiert das Viertel in einer Nacht der Rassenunruhen. In diesem Moment wirkt Radio Raheems Monolog über Gut und Böse prophetisch, den er ungefähr in der Mitte des Filmes hält - und den Nunn in weniger als einer Minute von der philosophischen Fabel in einen gestischen Boxkampf verwandelt.
In Zeiten von #blacklivesmatter und einer unendlichen Spirale aus Polizeigewalt und Rassenunruhen ist Radio Raheem in den USA zeitgemäßer denn je. Kein Wunder, dass aus Bill Nunns langer Laufbahn vor allem diese wenigen Minuten blieben. Entdeckt wurde er von Spike Lee für "School Daze", 1988. Bald danach hatte Nunn in Hollywood ein gutes Auskommen. Er spielte neben Harrison Ford in "In Sachen Henry", in "Sister Act" und Sam Raimis "Spider-Man"-Filmen.
Einen großen Filmpreis bekam Bill Nunn nie. Im Januar allerdings brachte Nike einen "Air Jordan Radio Raheem"-Schuh heraus und hob die Figur damit endgültig in den popkulturellen Olymp.